Disziplinarvorgesetzte müssen geeignete organisatorische Maßnahmen dafür treffen, dass schriftliche Beschwerden bis zum Ablauf der Beschwerdefrist um 24 Uhr eingelegt werden können. Eine Ablehnung der Beschwerde wegen Fristversäumnis verstieße sonst gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Fristversäumnis: Wer hat Schuld?
Gegen einen Oberstleutnant der Reserve wurde eine Disziplinarbuße in Höhe von 3.900 Euro verhängt. Dagegen legte der Offizier Beschwerde ein. Der Anwalt des Soldaten versuchte diese einen Tag vor Ablauf der Beschwerdefrist, am 30 April, dem zuständigen Kommodore per Fax zuzustellen. Als dies nicht gelang, brachte er das Schreiben persönlich am Kasernentor vorbei und übergab es dort dem Offizier vom Wachdienst.
Da jedoch der Offizier vom Wachdienst am Abend des 30. April niemanden mehr in der Kaserne erreichte, gelangte die Beschwerde nach dem Feiertag mit Eingangsstempel 2. Mai an die zuständige Stelle. Die Beschwerde wurde daraufhin wegen des Fristversäumnisses abgelehnt.
Pünktlicher Zugang muss vom Adressaten sichergestellt werden
Das Bundesverwaltungsgericht (2 WRB 1.19) urteilte nun, dass diese Ablehnung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstieß. Zwar war der Offizier vom Wachdienst tatsächlich nicht für Postdienste zuständig, der Kommodore als Adressat hätte aber Vorkehrungen für eine solche Situation, in der niemand mehr in der Kaserne war, treffen müssen.
Der Richter begründete dies damit, dass nach dem BGB derjenige, der mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen rechnen muss, geeignete Vorkehrungen zu treffen hat, damit die Erklärungen ihn rechtzeitig erreichen können. Da der Kommodore dies unterließ, hob das Gericht die Zurückweisung der Beschwerde auf.