Der aktuelle Wehrbericht der Wehrbeauftragten Eva Högl bemängelt die teils „überlange Dauer“ gerichtlicher Disziplinarverfahren, könnten diese doch für Soldaten Laufbahnnachteile verursachen.
Im Jahresbericht für das ausgewertete Jahr 2021 heißt es dazu; „So ist für die Betroffenen nach Nummer 246 der Zentralen Dienstvorschrift A-1340/49 ,Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten‘ während disziplinarer Ermittlungen, disziplinarer Vorermittlungen, eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens oder eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahrens grundsätzlich keine Förderung vorgesehen. Belastend sind solche Verzögerungen zuweilen aber auch für die Verbände, wenn sie einen Soldaten oder eine Soldatin, deren Entlassung in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren im Raum steht, noch über Jahre weiter beschäftigen müssen.”
Vakanzen: Personalsituation teils problematisch
Der Bericht zeigt, dass die Truppendienstgerichte und Wehrdisziplinar-Anwaltschaften zeitliche Probleme bei den Verfahren hätten. Gemäß § 17 Absatz 1 der Wehrdisziplinar-Ordnung seien diese Gerichtsverfahren jedoch schneller durchzuführen: „Disziplinarsachen sind beschleunigt zu behandeln.“
Ein Grund für die teils langwierigen Verfahren mit bis zu über zehn Jahren Dauer seien häufige personelle Vakanzen unter den Wehrdisziplinar-Anwaltschaften. Und: Es herrsche eine hohe Fluktuation von Richterinnen und Richtern bei den Truppendienstgerichten. Stellen könnten manchmal auch erst nach längerer Zeit wieder besetzt werden. Zudem sind viele Sitzungssäle zu klein, um unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen mehrere Zeugen einzuladen. Dies alles führe dazu, dass zwischen Anschuldigung und Hauptverhandlungs-Terminierung immer viel Zeit vergehe. Bereits die vorige Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte in ihrem Abschlussbericht, diese Personalsituation in der Bundeswehr-Rechtspflege zu verbessern.
Einfache Dienstvergehen verjähren zu schnell
Ein weiterer kritischer Punkt, den die amtierende Wehrbeauftragte Eva Högl sieht, ist, dass Disziplinarvorgesetzte in der Bundeswehr einfache Disziplinarmaßnahmen nur binnen eines halben Jahres verhängen dürfen. Denn nach dieser Frist gilt ein Vergehen als verjährt, besonders bei Dienstvergehen, die die Schwelle für ein gerichtliches Disziplinarverfahren unterschreiten. Im Jahr 2019 hatte das Bundesministerium der Verteidigung eine Expertengruppe eingesetzt, die eine Optimierung der Wehrdisziplinarordnung auch in dieser Hinsicht überprüfen sollte.