Wird über einen Asylantrag nicht innerhalb einer Zeitspanne von drei Monaten entschieden, so kann der Asylbewerber mittels Untätigkeitsklage gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorgehen. Wurde er noch nicht angehört, so besteht das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers hinsichtlich der Verpflichtung des BAMF zur Bescheidung seines Antrages.
Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18.17 entschieden.
Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die Klägerin, eine afghanische Staatsangehörige, im Oktober 2014 einen Asylantrag gestellt. In den darauffolgenden 22 Monaten wurde die Klägerin von Seiten des BAMF nicht angehört, so dass diese im August 2016 Untätigkeitsklage erhob mit dem Antrag, das BAMF zur Fortführung des Asylverfahrens sowie zur Verbescheidung ihres Asylantrages zu verpflichten. Die Klage wurde von Seiten des Verwaltungsgerichts Augsburg (Urteil vom 18. August 2016 – Au 3 K 16.31394) wegen Unzulässigkeit abgewiesen. Das VG Augsburg war der Ansicht, dass die Klage unmittelbar auf Schutzgewährung gerichtet hätte sein müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof München hat wiederum dieses Urteil mittels Urteil vom 23. März 2017 – 13a B 16.30951 aufgehoben und das BAMF verpflichtet, über den Asylantrag zu entscheiden. Der VGH München führte zu seiner Entscheidung aus, dass das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage zu bejahen ist. Soweit noch keine Anhörung des Antragstellers beim BAMF erfolgte, ist das Gericht nicht in der Lage, selbst inhaltlich über den Asylantrag zu befinden, was unter dem Lichte der Bedeutung der Asylverfahrensrichtlinien der EU (2005/85/EG und 2013/32/EU) zu sehen ist, die der persönlichen Anhörung des Asylantragstellers eine Verfahrensgarantie gewähren.
Die Revision des BAMF wurde vom BVerwG zurückgewiesen. Eine auf Verbescheidung gerichtete Untätigkeitsklage ist zulässig. Liegt im Zeitpunkt der Klageerhebung der Asylantrag wie im zugrundeliegenden Sachverhalt bereits 22 Monate zurück, so besteht kein zureichender Grund für die Nichtentscheidung über den Asylantrag.
Das Rechtsschutzbedürfnis einer auf Verbescheidung gerichteten Untätigkeitsklage ist zudem zu bejahen. Insbesondere aufgrund der hervorgehobenen Stellung des behördlichen Verfahrens und der damit verbundenen Verfahrensgarantie führt diese besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens zur Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses einer solchen Klage.
Wurde ein Asylbewerber noch nicht angehört, so kann ihm nicht verwehrt werden, die Durchführung des behördlichen Verfahrens gerichtlich zu erzwingen, auch wenn das Gericht in solchen Fällen nicht gehalten ist, die Sache hinsichtlich des Schutzbegehrens selbst spruchreif zu machen.
Das Urteil des BVerwG enthält aber keine Entscheidung dahingehend, ob der Asylbewerber lediglich auf die Verbescheidungsklage beschränkt ist oder ob die Untätigkeitsklage auch auf die Verpflichtung des BAMF zur Gewährung internationalen Schutzes gerichtet sein kann.
Quelle: Pressemittelung des BVerwG Nr. 49/2018 vom 12.07.2018