Reform des Wehrdisziplinarrechts: Eine weitere Zeitenwende für die Bundeswehr

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat zu einer fundamentalen Veränderung der deutschen Sicherheitspolitik geführt, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Bundeswehr hat.

Ausgangslage

Der Fokus auf die Landes- und Bündnisverteidigung erfordert ein starkes inneres Gefüge der Streitkräfte, wozu ein funktionsfähiges Disziplinarrecht maßgeblich beiträgt. In den letzten Jahren konnte das bestehende Disziplinarrecht den Anforderungen nicht mehr vollständig gerecht werden. Überlastete Truppendienstgerichte und Wehrdisziplinaranwaltschaften führten zu unverhältnismäßig langen Disziplinarverfahren. Eine schnelle und konsequente Ahndung von Dienstvergehen ist jedoch entscheidend für die Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung und den erzieherischen Effekt des Disziplinarrechts. Die Wehrdisziplinarordnung bedurfte nach meiner von Experten einer umfassenden Reform, um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden und die Verfahrensdauer signifikant zu verkürzen.

Dem Bundestag liegt jetzt der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung weiterer soldatenrechtlicher Vorschriften (Drucksache 20/12197) vor, in dem folgende geplante Neuerungen aufgeführt sind:

1. Beschleunigung der Disziplinarverfahren

Durch eine Neufassung der Wehrdisziplinarordnung sollen die Verfahren zur Ahndung von Dienstvergehen deutlich beschleunigt werden. Der Anwendungsbereich für Disziplinargerichtsbescheide wird erweitert und die Möglichkeit ihrer Beantragung durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft eingeführt. Zudem wird die Berufungsfrist gegen truppendienstgerichtliche Urteile neu geregelt, um die Verfahrensdauer weiter zu verkürzen.

2. Stärkung der Rechte von Soldatinnen und Soldaten

Die Rechte der Soldatinnen und Soldaten sowie der Vertrauenspersonen werden gestärkt. Dazu gehören erweiterte Vorschriften zur Tilgung und zu Verhängungsverboten. Künftig ist auch die Anhörung der Vertrauensperson im gerichtlichen Disziplinarverfahren in der Hauptverhandlung vorgesehen.

3. Verbesserung des rechtlichen Instrumentariums

Es werden Anpassungen der Vorschriften über das Verfahren bei Durchsuchungen vorgenommen, um den aktuellen technischen Entwicklungen und der höchstrichterlichen Rechtsprechung gerecht zu werden. Außerdem wird der Katalog der einfachen Disziplinarmaßnahmen erweitert, um den Disziplinarvorgesetzten mehr Handlungsspielraum zu geben.

4. Vereinfachung der Verfahren und Beseitigung von Anwendungsschwierigkeiten

Die geplanten Regelungen sollen die Disziplinarverfahren vereinfachen und Schwierigkeiten in der Rechtsanwendung beheben. Dies umfasst die Neuregelung der Zuständigkeiten und Verfahrensabläufe, um die Effizienz und Effektivität der Disziplinarmaßnahmen zu erhöhen.

Geplantes Inkrafttreten

Das Gesetz soll nach seiner Verabschiedung durch den Bundestag zügig in Kraft treten, um die notwendigen Reformen schnellstmöglich umzusetzen und die Bundeswehr in ihrer neuen sicherheitspolitischen Ausrichtung zu unterstützen. Zuvor hatte der Bundesrat keine Einwände geäußert.