Community-Masken – sinnvoller Schutz in Zeiten von Corona?

Der Katastrophen- und Zivilschutzexperte Andreas Kling erläutert die Vorteile und Sinnhaftigkeit sogenannter Community-Masken. Welche Schutzmasken helfen wirklich?

Das private Tragen von Schutzmasken wird nun auch von Experten empfohlen, die sich vorher dagegen ausgesprochen haben. So empfehlen sowohl der Virologe Christian Dorsten als auch am 01.04.2020 das Robert Koch-Institut (RKI) die Verwendung von Behelfsmasken in der Öffentlichkeit. Bislang wurde nur Personen, die eine bekannte Infektion haben oder zu der Risikogruppe zählen, das Tragen einer Schutzmaske in der Öffentlichkeit angeraten.(1), (2)

Stoffmasken = Community-Masken

Kurz nachdem das Coronavirus Deutschland erreichte und ein Engpass an Schutzbekleidung abzusehen war, verbreiteten sich über die Sozialen Netzwerke Anleitungen für das Nähen von Stoffschutzmasken. Anfangs waren diese Schutzmasken von den offiziellen Stellen kritisiert worden, da ein Schutz gegen eine Infektion nicht nachweisbar war. Die Durchlässigkeitsrate von Tröpfchen liegt bei Schutzbekleidungen aus Stoff zwischen 74 % und 90 %, wobei hingegen eine N95-Maske eine Durchlässigkeitsrate von 0,12 % aufweist.(3) Dennoch sehen jetzt die Experten beim Tragen einer Stoffmaske (ugs. Community-Masken) einen Vorteil. Zusätzlich zu den bekannten Maßnahmen der guten Hände-Hygiene, des Einhaltens von Husten- und Niesregeln sowie des Abstands von mindestens 1,5 Metern, kann eine textile Barriere im Sinne einer Community-Maske die Verbreitung von Tröpfchen, welche beim Sprechen, Niesen oder Husten ausgestoßen werden, bremsen und somit den Fremdschutz erhöhen. Hinreichende Belege, ob es den Eigenschutz erhöht, sind unbekannt. (4)

Die Community-Masken stehen in Deutschland unter keinem Testverfahren und erhalten auch keine Zulassung als Medizinprodukt. Somit dienen diese Masken ausschließlich dem privaten Gebrauch. Ein weiterer Effekt der Community-Masken ist das „social/physical distancing“, also das bewusste Abstandhalten von fremden Personen in der Öffentlichkeit und die indirekte Erinnerung, sich mit den Händen nicht ins Gesicht zu fassen.(5)

FFP2- und FFP3-Masken für medizinisches Personal

Durch die Verwendung der Community-Masken würde auch der Bedarf an professionellen Schutzmasken sinken, sodass mehr Kapazitäten für das Gesundheitswesen zur Verfügung stehen würden. FFP2- und FFP3-Masken sollten in dieser angespannten Situation den Pflegekräften und Ärzten zur Verfügung stehen, die den geforderten Abstand von 1,5 Metern nicht einhalten können. (6)

Masken selbst nähen

Do-It-Yourself-Anleitungen im Internet findet man über bekannte Suchmaschinen sehr häufig. Was mit einzelnen Hobbynäherinnen begann, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem breiten Thema. Die Stadt Essen stellt auf der Homepage eine Anleitung zum Nähen der Masken in fünf Sprachen zur Verfügung. Außerdem organisierte die Stadt als Notfallmaßnahme Kapazitäten zum Nähen der Stoffmasken und versorgte die Organisationen mit Schnittmuster und Stoff, sodass insgesamt 15000 Masken gefertigt werden konnten (Stand 20.03.2020). (7)

Der Umfang an Produktionsstätten reicht von den kleinen Hobbynähern oder Stoffläden bis zu großen Modefirmen, die durch eine Produktionsumstellung bis zu 60.000 Masken produzieren könnten. (8]) Auch bei der privaten Herstellung muss darauf geachtet werden, dass die Schutzmaßnahmen des RKI eingehalten und umgesetzt werden. Meistens werden die Community-Masken günstig verkauft, wodurch keine Wucherpreise entstehen.

Schutzmaske oder Mundschutz oder Behelfsmaske

Problematisch ist beim Vertrieb der Community-Masken die Bezeichnung als Schutzmasken. Dieser Begriff wird umgangssprachlich gerne genutzt, ist rechtlich aber nicht tragbar. Durch Bezeichnungen wie "Atemschutz" oder "Mundschutz" nimmt der Anbieter die Widmung vor, die den Medizinprodukten vorbehalten ist. Da diese Masken jedoch einen begrenzten Schutz aufweisen, sollten Begriffe wie "Mundbedeckung" oder "Behelfsmaske" verwendet werden. Es könnten den Vertreibern der Masken sonst rechtliche Konsequenzen drohen. (9)

Gebrauchsanweisung für Community-Masken

Die Träger der Community-Masken müssen auf einen festen Sitz achten und die Masken regelmäßig reinigen. Beim Aufsetzen der Maske ist drauf zu achten, dass die Innenseite nicht berührt wird und die Maske richtig über Mund, Nase und Wange platziert ist. Die Ränder sollten möglichst eng anliegen, um das Eindringen von Luft zu minimieren. Durchfeuchtete Masken sollten umgehend abgenommen und ggf. ausgetauscht werden. Nach dem Absetzen der Maske sollten auch die Hände nach den bekannten Vorgaben gereinigt werden und die Maske in einem Beutel verschlossen gelagert oder direkt gewaschen werden. Idealerweise erfolgt die Reinigung bei 95 Grad Celsius, mindestens aber 60 Grad Celsius. Je nach Verwendungsdauer und Nutzungszahlen ist es ratsam, sich mehrere Community-Masken anzuschaffen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Community-Masken keinen Schutz vor einer Ansteckung bieten, sondern können lediglich als Fremdschutz durch eine Verringerung des Virenausstoßes dienen. Effektiver scheint das Abstandhalten zu sein und die Selbstdisziplin, sich nicht ins Gesicht zu fassen. Dass sich kleine Gruppen organisieren, um Masken zu nähen, fördert gerade in der wirtschaftlich angespannten Situation eine Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern und schafft für Menschen in der Isolation eine Beschäftigung. 
Aufpassen sollten die Produzenten mit dem Begriff „Schutz“ bei ihren Masken. Dieser erfordert Tests und Zulassungen, welche für Community-Masken nicht durchgeführt werden können. Medizinisch getestete Schutzmasken (FFP2 und FFP3) sollten dort bleiben, wo sie gebraucht werden – in den medizinischen Bereichen, in denen der Abstand von 1,5 Metern unterschritten wird. 
Eine Entspannung der Ressourcenknappheit ließe sich mit diesen Maßnahmen herbeiführen, da Privatpersonen davon absehen könnten, sich medizinische Schutzmasken für den Privatgebrauch zu kaufen. Zusätzlich muss auch bei den Stoffmasken auf erhöhte hygienische Maßnahmen geachtet werden. Der Abstand, sowie das Husten und Niesen in die Ellenbeuge werden durch diese Masken nicht aufgehoben. Auch das gründliche Händewaschen, besonders nach dem Entfernen der Maske, bleibt bestehen.

Literatur: 

Über den Autor:

Andreas Kling ist selbstständiger Berater für Logistik, Business Continuity Management und Bevölkerungsschutz und hat zusammen mit erfahrenen Experten der Feuerwehr, aus dem Bevölkerungsschutz, der Wissenschaft und der Forschung einen umfassenden und realitätsnahen Ratgeber im WALHALLA Fachverlag zusammengestellt.
Auftritte als Experte im TV: ARDalphaZDFzoom