Militärs fordern Wiedereinführung verpflichtender Reserveübungen

Militärs im Verteidigungsministerium befürworten die Rückkehr zu einer Reservepflicht für ehemalige Soldaten und Soldatinnen, um die Einsatzbereitschaft der deutschen Streitkräfte zu erhöhen.

Im Bundesverteidigungsministerium wird intensiv an einem Paradigmenwechsel in der Reservistenpolitik gearbeitet. Die unter dem damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) eingeführte Freiwilligkeit bei Reserveübungen steht auf dem Prüfstand. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) möchte angesichts der veränderten Sicherheitslage in Europa die Reserve deutlich stärken und insbesondere für den Heimatschutz nutzen.

Die Militärs im Ministerium argumentieren seit längerer Zeit, dass ohne eine Abkehr vom reinen Freiwilligkeitsprinzip die ehrgeizigen Ziele von 200.000 einsatzbereiten Reservistendienstleistenden nicht erreicht werden können. Der aktuelle Stand der Reserve sei besorgniserregend: Jährlich nehmen lediglich etwa 40.000 Reservisten und Reservistinnen regelmäßig an Übungen teil – eine Zahl, die weit unter dem angestrebten Ziel liegt. Zudem weist die Altersstruktur eine problematische Verteilung auf, da bereits ein Drittel der aktiven Reservistendienstleistenden das 50. Lebensjahr überschritten hat.

Konkrete Vorschläge liegen vor

Der nun diskutierte Vorschlag sieht vor, dass Reservisten und Reservistinnen, die bestimmten Verbänden zugeordnet sind, alle zwei Jahre für einen zweiwöchigen Übungsdienst eingezogen werden könnten. Um die Planbarkeit für die Betroffenen und deren Arbeitgeber zu gewährleisten, würden diese Übungen frühzeitig angekündigt. Für diese Reform wäre keine Gesetzesänderung notwendig.

Ende 2024 wurde dieses Konzept Minister Pistorius in einem Strategiegespräch präsentiert. Seine Reaktion fiel allerdings zurückhaltend aus. Auf Anfrage bestätigte eine Ministeriumssprecherin lediglich, dass die Reservestrategie derzeit überarbeitet werde und das Freiwilligkeitsprinzip Teil dieser Überprüfung sei.

Heimatschutz als neue Priorität

Die Bedeutung der Reserve für die Bundeswehr soll in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Ein zentrales Projekt ist der Aufbau einer neuen Division für den Heimatschutz, die überwiegend aus Reservisten und Reservistinnen bestehen soll. Bereits Mitte März ist der offizielle Aufstellungsappell geplant, bei dem zunächst sechs Regimenter mit insgesamt etwa 6.000 Soldatinnen und Soldaten dem neuen Verband angehören werden.

Heeres-General Harald Gante hatte sich bereits kürzlich öffentlich für eine Änderung der Reservistenregelung ausgesprochen. Er betonte die Problematik der "doppelten Freiwilligkeit", bei der sowohl der oder die Reservistendienstleistende als auch dessen oder deren Arbeitgeber einer Übung zustimmen müssen. Mit diesem System, so Gante, lasse sich eine einsatzfähige Reserve nicht aufbauen.


Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/verteidigung-diskussion-um-wiederbelebung-der-reserve-uebungen-a-a0bbb3c2-380c-4147-956c-97d877c8247d