Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt sind weit verbreitete gesellschaftliche Probleme mit erheblichen individuellen und gesellschaftlichen Folgen. Bisher bestehen in Deutschland zwar Schutz- und Beratungsangebote, jedoch sind diese nicht flächendeckend verfügbar, oft überlastet und nicht ausreichend finanziert.
Zudem gibt es keine bundesweit einheitlichen Regelungen zur Finanzierung und zum Zugang zu diesen Hilfesystemen. Dies führt dazu, dass Betroffene häufig keine adäquate Unterstützung erhalten oder auf Wartelisten verwiesen werden. Das neue Gewalthilfegesetz (GewHG), das heute (27. Februar 2025) im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, soll diese Lücken schließen und ein verlässliches, niedrigschwelliges und bedarfsgerechtes Hilfesystem schaffen.
Das Gesetz tritt grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft; das ist der 28. Februar 2025. Umfänglich wirken wird das Gesetz aber erst ab 2032, da die meisten – und relevanten Regelungen – gestaffelt in den kommenden Jahren in Kraft treten:
- 1. Januar 2027: Finanzierungspflicht der Länder für ein bedarfsgerechtes Netz an Schutz- und Beratungsangeboten
- Frühestens 1. Januar 2030: Änderungen im Finanzausgleichsgesetz, jedoch nicht vor dem Tag, an dem das letzte Bundesland seinen Bericht zur Bedarfsanalyse übermittelt hat. Das genaue Inkrafttreten der Änderungen im Finanzausgleichsgesetz wird vom Bundesministerium der Finanzen im Bundesgesetzblatt bekanntgegeben.
- 1. Januar 2032: Anspruch auf Schutz und Beratung, kostenfreie Schutz- und Beratungsleistungen, verpflichtende Vernetzung und Verfügbarkeit der Einrichtungen.
Maßgebliche Inhalte des Gewalthilfegesetzes
Bundeseinheitliche Regelungen für Schutz- und Beratungsangebote
Inkrafttreten: 1. Januar 2032
Mit dem neuen Gewalthilfegesetz wird erstmals eine gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Personen geschaffen. Gewaltbetroffene Frauen sowie betroffene Kinder erhalten dadurch einen Rechtsanspruch auf Schutz und Unterstützung, unabhängig von ihrem Wohnort oder Aufenthaltsstatus. Die Länder sind verpflichtet, ein ausreichendes Netz an Schutz- und Beratungsangeboten sicherzustellen.
Definitionen und erweiterter Gewaltbegriff
Inkrafttreten: 28. Februar 2025
Das Gesetz definiert klar die Begriffe „geschlechtsspezifische Gewalt“ und „häusliche Gewalt“. Geschlechtsspezifische Gewalt umfasst jede Form von Gewalt gegen Frauen, die sie aufgrund ihres Geschlechts trifft. Häusliche Gewalt bezieht sich auf Gewalt innerhalb familiärer oder partnerschaftlicher Beziehungen, unabhängig davon, ob die Partnerschaft noch besteht oder nicht. Auch Kinder, die häusliche Gewalt miterleben, werden als gewaltbetroffene Personen anerkannt und erhalten Schutzansprüche.
Kostenfreie Schutz- und Beratungsleistungen
Inkrafttreten: 1. Januar 2032
Schutz- und Beratungsangebote müssen kostenfrei sein. Gewaltbetroffene Personen dürfen nicht zur Erstattung von Unterbringungs- oder Beratungskosten herangezogen werden. Die Inanspruchnahme dieser Leistungen ist unabhängig von Kostenübernahmeerklärungen oder finanziellen Nachweisen.
Verbesserte Verfügbarkeit und Vernetzung der Einrichtungen
Inkrafttreten: 1. Januar 2032
Die Länder sind verpflichtet, ein flächendeckendes Angebot an Schutz- und Beratungsstellen sicherzustellen. Dazu gehört auch die Vernetzung mit anderen relevanten Akteuren wie Polizei, Justiz, Gesundheitswesen und Jugendhilfe. Schutzeinrichtungen müssen eine 24-Stunden-Rufbereitschaft gewährleisten, um im Notfall jederzeit erreichbar zu sein.
Finanzierung und Verantwortung der Länder
Inkrafttreten: 1. Januar 2027
Die Finanzierung des Hilfesystems erfolgt durch eine öffentliche Förderung. Einrichtungen, die Schutz- und Beratungsleistungen anbieten, haben Anspruch auf angemessene staatliche Unterstützung. Die Länder müssen regelmäßig Bedarfsanalysen durchführen und Entwicklungspläne für den Ausbau der Schutz- und Beratungsangebote vorlegen.
Einführung einer Bundesstatistik zur Erfassung von Gewaltdaten
Inkrafttreten: 28. Februar 2025, aber: Erhebung erstmalig für das Berichtsjahr 2028
Um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen, wird eine Bundesstatistik eingeführt. Diese erfasst unter anderem die Anzahl der Hilfesuchenden, die Auslastung der Einrichtungen sowie die Art der in Anspruch genommenen Unterstützungsleistungen. Die Erhebungen erfolgen jährlich und sollen eine wissenschaftliche Evaluierung des Gesetzes ermöglichen.
Regelungen zur Trägeranerkennung
Inkrafttreten: 28. Februar 2025
Träger von Schutz- und Beratungseinrichtungen müssen bestimmte Qualitätsstandards erfüllen und sich von den zuständigen Landesbehörden anerkennen lassen. Einrichtungen müssen über ausreichend qualifiziertes Personal verfügen und Schutzkonzepte zur Sicherheit der Betroffenen umsetzen.
Übergangsfrist für bestehende Träger: Träger, die bereits vor dem 28. Februar 2025 Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen betrieben haben oder denen Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen angeschlossen sind, gelten noch maximal bis zu drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes als anerkannt.
Vorrang von SGB VIII-Leistungen
Inkrafttreten: 28. Februar 2025
Das Gesetz stellt klar, dass Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe Vorrang vor den Hilfen des Gewalthilfegesetzes haben. Damit wird sichergestellt, dass Kinder und Jugendliche vorrangig durch die bestehenden Strukturen der Jugendhilfe betreut werden.