Medizinische Zwangsmaßnahmen auch außerhalb Kliniken möglich

Menschen, die rechtlich betreut werden, müssen nicht in jedem Fall stationär ins Krankenhaus gebracht werden, wenn sie zwangsweise medizinisch behandelt werden müssen. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Regelung sei mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit teils unvereinbar.

Ärztliche Maßnahmen gegen den Willen von Patientinnen und Patienten sind nur unter strengen Voraussetzungen und als letztes Mittel erlaubt. Die bisherige gesetzliche Regelung sieht deshalb vor, dass sie nur "im Rahmen eines stationären Aufenthalts und in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist" durchgeführt werden dürfen.

Dies ist laut Bundesverfassungsgericht aber nicht in allen Fällen grundrechtlich fundiert. Es lässt deshalb künftig unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zu:

Zum einen muss den Betroffenen in der Klinik eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit drohen. Dieses Risiko lässt sich mit der Behandlung in der Wohneinrichtung vermindern.

Als Beispiel führen die Richter an, dass etwa Demenzkranke durch einen Ortswechsel verwirrt werden könnten. Im Krankenhaus drohe unter Umständen auch die Ansteckung mit einer Infektionskrankheit. Müssten Betroffene mit körperlichem Zwang dorthin gebracht werden, könnten sie außerdem verletzt werden. Zweite Voraussetzung für eine Ausnahme ist, dass die Wohneinrichtung eine medizinische Versorgung mit nahezu „Krankenhausstandard“ habe.

Geklagt hatte der Betreuer einer Frau mit Schizophrenie. Er hatte argumentiert, dass sie durch den Transport in die Klinik retraumatisiert werde.

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht fest, dass die bisherige gesetzliche Regelung mit dem Grundgesetz zum Teil nicht vereinbar ist. Sie muss nun bis Ende 2026 geändert werden. Bis dahin gilt die bisherige Regelung.

Quelle: BVG PM 100/2024 vom 26.11.24