Alexander Lambrecht (21) hatte sich so auf den Hubschrauberflug gefreut: Seine Mutter, die Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht, nahm ihn im Armee-Hubschrauber gen Sylt mit. Jetzt gibt es dazu einen richterlichen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln.
Riesiges Presse-Tohuwabohu
Als die Verteidigungsministerin und ihr Sohn im Frühjahr zu einem Truppen-Besuch nach Stadum gleich in der Nähe von Sylt flogen, um dort das Bataillon Elektronische Kampfführung 911 zu besuchen, da konnten sie noch nicht ahnen, was für ein Presse-Tohuwabohu das später verursachen würde.
Alexander L. genoss den Flug in der Bundeswehr-Maschine sichtlich und postete Bilder davon auf einem Social-Media-Kanal. Die Verteidigungsministerin nahm ihn mit, weil es nach ihrem Bataillonsbesuch gleich zum Urlaub auf die Insel Sylt gehen sollte. Das Bataillon ist unweit der deutschen Nordsee-Küste nur rund 60 Kilometer von der Insel entfernt stationiert. Von dort aus fuhren die beiden dann anschließend per Automobil planmäßig in den Familien-Oster-Urlaub.
Unverständlich: Die mediale Empörung darüber war auf allen Kanälen groß. Nun wollte ein Journalist vom Bundesverteidigungsministerium auch noch bestimmte Informationen zu der Aktion erhalten.
Privatsphäre versus öffentliches Interesse
Einerseits sind die Behörden im Allgemeinen durch die Pressegesetze dazu verpflichtet, Inhabern eines Presseausweises jederzeit Informationen zugänglich zu machen. Andererseits ist das Recht auf Privatsphäre u.a. in Artikel 8 („Schutz personenbezogener Daten“) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbrieft:
„(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.
(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.“
In der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Köln heißt es dazu: „Der Journalist wollte vom Verteidigungsministerium wissen, welcher zeitliche Abstand zwischen der Buchung des Hotels auf Sylt und der Terminierung des Truppenbesuchs lag. Ferner wollte er wissen, welche Kenntnisse die Ministerin über die Entstehung des Fotos und seine Veröffentlichung hatte, insbesondere, ob die Ministerin das Foto selbst angefertigt habe. Das Ministerium lehnte eine Beantwortung im Wesentlichen mit der Begründung ab, eine Auskunft sei ausgeschlossen, weil diese allein die Ministerin als Privatperson betreffe. Daraufhin hat der Journalist einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln gestellt.“
Dieser Antrag hatte nun teilweise Erfolg: Das Gericht hat zwar die Hotelbuchung als Privatangelegenheit eingestuft, aber die journalistischen Fragen darüber, wie die geposteten Hubschrauber-Fotos entstanden sind, müssten jetzt beantwortet werden. In dieser Hinsicht sei das journalistisch-öffentliche Interesse wichtiger als die Privatsphäre. Zudem, so das Gericht, habe die Ministerin ihre privaten Belange mit Amtsgeschäften vermischt.
Die Beteiligten können gegen den richterlichen Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen.
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Köln vom 24.8.2022 / Az 6 L 978/22