Wie geht es weiter mit der Kindergrundsicherung? Seit das Bundesfinanzministerium die Sparziele für den Haushalt verschärft hat, scheint die jahrelang geforderte Reform aus der politischen Planung verschwunden.
Das Vorhaben stockt. Dabei sollte es 2025 bereits umgesetzt werden. Sozialverbände und Kinderschutzbünde lassen aber nicht locker, zu mahnen. So betonte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK und Sprecherin des Bündnis Kindergrundsicherung, erneut die Dringlichkeit der Reform: „Der Bürokratie-Wahnsinn erschwert enorm den Kampf gegen Kinderarmut. Familien mit wenig Einkommen müssen bis zu vier Behörden ablaufen, um ihre Kinder finanziell abzusichern.
Die Anträge müssen in unterschiedlichen Abständen wiederholt eingereicht werden, und die meisten Leistungen werden mit unterschiedlichen Logiken miteinander verrechnet. Wenn dann das Einkommen auch noch schwankt, können sich die zuständigen Behörden sogar regelmäßig verändern. Das ist für Familien nicht mehr verständlich und viele wissen deswegen nicht, ob und welche Ansprüche sie haben. Es ist kein Wunder, dass Familien teilweise bewusst auf die oft kleinteiligen Unterstützungsleistungen verzichten, um nicht von der Bürokratielast erdrückt zu werden. Als Bündnis fordern wir hier einen vollumfänglichen Systemwandel!“
Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnis Kindergrundsicherung, sagt: „Selbstverständlich hat der Staat eine Bringschuld gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern. Die Bedürfnisse von Kindern dürfen nicht als Arbeitsanreize für ihre Eltern missbraucht werden, sondern müssen immer gedeckt sein. Familien dürfen von den Ansprüchen ihrer Kinder nicht mit Formularen und Papierbergen ferngehalten werden. Wir müssen vielmehr den Weg hin zu einer automatischen Auszahlung bereiten und es für Familien möglichst einfach machen. Jetzt das ganze Projekt zu blockieren und sich im Streit zu verzetteln, hilft absolut nicht gegen Kinderarmut. Alle Beteiligten sollten sich besinnen, worauf es ankommt: es für Familien und Kinder besser und einfacher zu machen!“
Auch die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, warnt vor einer Verschleppung: „Vor kurzem wurde im Paritätischen Armutsbericht dargelegt, dass mehr als jedes fünfte Kind und jeder fünfte Jugendliche in Deutschland von Armut betroffen ist. Daher braucht es eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen auch verdient hat.“
Es geht ums Geld
Der Entwurf von Familienministerin Paus sieht vor, dass die Kindergrundsicherung die Leistungen zentralisieren soll. Kritiker innerhalb der Ampel und der Opposition werfen Paus aber vor, der jetzige Entwurf würde mehr und nicht weniger Bürokratie schaffen. Kritiker innerhalb der Ampel und der Opposition kritisieren die dadurch entstehenden dauerhaften Mehrausgaben. Zudem werfen sie Paus vor, dadurch würde mehr Bürokratie geschaffen. Befürworter halten dagegen, dass der Behördendschungel durch die klare Zuständigkeit abgeschafft würde.
Im Kern geht es also um die Frage, ob Deutschland mehr Geld ausgeben muss, um Armut, insbesondere von Kindern, zu bekämpfen. 2,9 Millionen Kinder sind armutsgefährdet. Daran hat sich seit einem Jahrzehnt nichts geändert, wie die UNICEF-jüngst mahnte. Im Vergleich mit den anderen Staaten der OECD liegt Deutschland bei der Bekämpfung von Armut im unteren Mittelfeld.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, fordert, die Regelsätze für Kinder im Bürgergeld drastisch zu erhöhen, denn „mit 350 Euro bekommt man kein Kind über den Monat.“ Kostenpunkt: vier bis fünf Milliarden Euro. An den Finanzen waren die Verhandlungen über die Kindergrundsicherung bereits 2023 fast gescheitert. Familienministerin Paus
wollte 12 Milliarden Euro für das Vorhaben. Letztlich einigte sich die Koalition auf Mehrausgaben von 2,4 Milliarden Euro ab 2025.
Quellen: VdK, SoVD, Paritätischer Wohlfahrtsverband