Grundrecht auf Sterbehilfe?

Schwer kranke und zum Suizid entschlossene Menschen können in Deutschland nicht auf die Unterstützung von Ärzten oder Vereinen zählen. Doch geht das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe zu weit? Darüber verhandelt aktuell das Bundesverfassungsgericht.

Was ist erlaubt – was ist strafbar?

Die aktive Sterbehilfe ist strafbar. Gemäß § 216 StGB („Tötung auf Verlangen“) drohen einer Person, die eine andere auf deren Wunsch hin tötet, bis zu fünf Jahre Haft.

Der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen dagegen ist erlaubt, wenn dies der Wille des Patienten ist. Hat ein Schwerkranker in einer Patientenverfügung präzise festgehalten, ab wann er keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr möchte, müssen Ärzte diesem Willen entsprechen und gegebenenfalls Geräte abschalten.

In bestimmten Fällen ist auch die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar. Nimmt der Patient ein von einem Angehörigen gereichtes tödliches Medikament selbst ein, kann dies nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Es gibt aber auch Konstellationen, in denen es sich bei dieser Beihilfe zum Suizid nicht um Einzelfälle handelt, sondern in denen Sterbehilfe auf Wiederholung angelegt ist. Dies betrifft zum Beispiel Ärzte oder ehrenamtliche Helfer von Sterbehilfe-Vereinen. Der im Jahr 2015 eingeführte § 217 StGB nennt dies „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ und bestraft derartige Handlungen mit bis zu drei Jahren Haft. Mit diesem Verbot wollte der Gesetzgeber eine Kommerzialisierung der Sterbehilfe verhindern.

Klagen gegen das Sterbehilfe-Verbot

Gegen dieses Gesetz haben verschiedenste Betroffene Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt. Dabei handelt es sich zum einen um schwer kranke Menschen, die selbst Suizidhilfe in Anspruch nehmen möchten. Für sie geht es um die Frage, ob es ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben gibt und wie weit dieses recht reichen könnte, also ob auch die Unterstützung Dritter zur Selbsttötung in Anspruch genommen werden darf.

Ebenfalls geklagt haben Vereine, die Suizidhilfe anbieten. Sie stützen ihre Verfassungsbeschwerden auf die Vereinigungsfreiheit.

Auch Ärzte, die in der ambulanten oder stationären Patientenversorgung arbeiten, haben Verfassungsbeschwerden erhoben. Für sie geht es um ihre Gewissens- und Berufsfreiheit, da aus ihrer Sicht § 217 StGB eine Behandlung verhindert, die das Wohl und den Willen des Patienten zum Ziel hat. Außerdem besteht bei einer wiederholten Hilfe zum Suizid für die Ärzte das Risiko, sich strafbar zu machen: diese Hilfe könnte unter den Begriff „geschäftsmäßig“ fallen, obwohl der Gesetzgeber eigentlich Sterbehilfevereine im Blick hatte.

Das Bundesverfassungsgericht muss nun klären, ob das Verbot der wiederholten Sterbehilfe in § 217 StGB gegen das Grundgesetz verstößt. Insbesondere ist dabei zu klären, wie weit der Begriff „geschäftsmäßig“ reicht und ob der freiverantwortliche Entschluss zum Suizid auch anders geschützt werden kann als durch ein Verbotsgesetz.

Ein Urteil ist in einigen Monaten zu erwarten.

Quelle: www.tagesschau.de/inland/sterbehilfe-faq-101.html