Mit dem Gesetz sollen volljährige Menschen ihren Geschlechtseintrag (männlich, weiblich, divers oder keine Angabe) und Vornamen künftig per Selbstauskunft beim Standesamt ändern können
Der Bundestag hat am Freitag, 12. April 2024, den Plänen der Bundesregierung für ein „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“(20/9049) in einer vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (20/11004) zugestimmt. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) möchte die Koalition einen Kerngedanken des Grundgesetzes, den Schutz der geschlechtlichen Identität, umsetzen, indem Menschen künftig die Möglichkeit haben sollen, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen diskriminierungsfrei und vereinfacht ändern zu können.
Für Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen (nichtbinäre Personen), gibt es bislang keine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die Änderung des Geschlechtseintrags. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diesen Personenkreis in einer Entscheidung auf eine entsprechende Anwendung des Transsexuellengesetz (TSG) verwiesen, mit der Folge, dass auch sie zwei Gutachten gemäß TSG vorlegen müssen (BGH, Beschluss vom 22. April 2020 - XII ZB 383/19).
Eine gerichtliche Entscheidung über die Antragstellung – wie nach dem bisher geltenden Transsexuellengesetz – ist künftig nicht mehr erforderlich. Auch die Notwendigkeit, zwei Sachverständigengutachten einzuholen, entfällt. Damit wird eine gesetzliche Vorgabe außer Kraft gesetzt, die von den Betroffenen häufig als entwürdigend empfunden wurde. Stattdessen reicht künftig eine Selbstauskunft mit Eigenversicherung aus.
Der Entwurf hat die Änderung weiterer Vorschriften zur Folge.
Das Passgesetz vom 19. April 1986 (BGBl. I S. 537), das zunächst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Oktober 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 271) geändert worden ist, soll wie folgt geändert werden:
In § 4 Absatz 1 PassG werden die Sätze 5 und 6 aufgehoben.
§ 4 Absatz 1 Satz 4 bis 6 PassG wird durch die folgenden Sätze ersetzt:
"Ist dort das Geschlecht nicht mit „weiblich“ oder „männlich“ angegeben, wird im Pass das Geschlecht mit „X“ bezeichnet. Auf Antrag ist in den Fällen des Satzes 4 ein Pass mit der Angabe „männlich“ oder „weiblich“ auszustellen, wenn durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachgewiesen wird, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt.
Die Nachweispflicht gilt nicht, wenn der Passbewerber
1. über keine ärztliche Bescheinigung einer erfolgten medizinischen Behandlung verfügt und das Vorliegen der Variante der Geschlechtsentwicklung wegen der Behandlung nicht mehr oder nur durch eine unzumutbare Untersuchung nachgewiesen werden kann und
2. das Vorliegen der Voraussetzungen von Nummer 1 an Eides statt versichert.
Das nach Satz 5 einzutragende Geschlecht richtet sich nach der letzten Angabe des Geschlechts im Melderegister, welches auf „männlich“ oder „weiblich“ lautete. Bestand eine solche Angabe zu keinem Zeitpunkt, so kann der Passbewerber einmalig das im Pass einzutragende Geschlecht wählen; bis zur Eintragung eines Geschlechts im Melderegister im Sinne von Satz 7 bleibt das gewählte Geschlecht für die Ausstellung künftiger Pässe maßgeblich.“
Mit der Neufassung soll erreicht werden, dass Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können und im Geburtseintrag mit der Geschlechtsangabe „divers“ oder ohne Geschlechtsangabe eingetragen sind, einen Pass mit der Angabe „männlich“ oder „weiblich“ erhalten können.
Inkrafttreten
Aufgrund der erforderlichen Anpassungen des Personenstandswesens könne das Gesetz erst zum 1. November 2024 in Kraft treten. Um den betroffenen Personen jedoch möglichst frühzeitig die Möglichkeit zu geben, eine Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen nach den Vorschriften des SBGG zu bewirken, soll durch ein zweistufiges Inkrafttreten des Gesetzes sichergestellt werden, dass bereits ab dem 1. August 2024 eine Anmeldung der Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen abgegeben werden kann, sodass die dreimonatige Anmeldefrist zu laufen beginnt. Ab 1. November 2024 löst das SBGG dann das Transsexuellengesetz von 1980 endgültig ab.
Quelle:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw15-de-geschlechtseintrag-997406