Gaststättengesetz erlaubt Backwarenverkauf am Sonntag

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 17. Oktober 2019 entschieden, dass Bäckereien, bei denen neben dem bloßen Verkauf von Backwaren gleichzeitig auch ein Café betrieben wird, nicht an die Öffnungszeiten des Ladenschlussgesetzes gebunden sind.

Vielmehr kommt hier das Gaststättengesetz zur Anwendung. Konkret hatte in diesem Fall die Wettbewerbszentrale einen Backwaren-Hersteller mit Filialen in München verklagt, weil Kunden Brötchen dort vor- und nachmittags kaufen konnten. Bäckereien dürfen an Sonntagen nach dem Ladenschlussgesetz jedoch nur drei Stunden geöffnet haben (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 1 LadSchlG, § 1 Abs. 1 Nr. 2 SonntVerkV). Die Wettbewerbszentrale klagte auf Unterlassung des über drei Stunden hinausgehenden Verkaufs.

Abgrenzung von Ladenschlussgesetz und Gaststättengesetz

Nach der Entscheidung des BGH muss sich die beklagte Bäckerei nicht an die drei Verkaufsstunden des Ladenschlussgesetzes halten. Da es in den Filialen gleichzeitig Tische und Stühle zum sofortigen Verzehr der Speisen gibt, handelt es sich bei diesem um ein Gaststättengewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 GastG. Es kommt damit das Gaststättengesetz zur Anwendung. Gegen die Anwendung des Gaststättengesetztes spricht nach der Einschätzung der Richter nicht, dass in demselben Raum, in dem sich das Café befindet, ein Thekenverkauf stattfindet. Auch der Umstand, dass sich die Kunden im Café für Speisen und Getränke selbst bedienen müssen, ändere nichts an der Anwendung des Gaststättenrechts.

Backwaren als „zubereitete Speisen“

Das Gaststättengesetz erlaubt dem Speisewirt mit § 7 Abs. 2 Nr. 1 außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr die Abgabe von Getränken und zubereiteten Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht, an jedermann über die Straße. Brote und Brötchen werden durch das Backen zu essfertigen Lebensmitteln und sind damit zubereitete Speisen. Der Beklagte verabreicht die Lebensmittel in seinem Café. Gleichzeitig ist es unerheblich, wo der Backvorgang stattfindet, da das Gaststättengesetz nicht voraussetzt, dass die Speisen in der Gaststätte vorbereitet werden. Aufgrund der Art und Menge der beanstandeten Verkäufe durfte die Beklagte davon ausgehen, dass diese von den Kunden zum alsbaldigen Verzehr bestimmt waren.

Hintergrund

Bei dem im Urteil angewendeten Gaststättengesetz handelt es sich um ein Bundesgesetz. Neben Bayern gilt dies weiterhin in Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Berlin. Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben von der seit der Föderalismusreform 2006 bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht und eigene Gesetze erlassen.

Die Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich des Ladenschlussgesetzes ist ebenfalls mit der Föderalismusreform 2006 auf die Länder übergegangen. 15 Bundesländer haben eigene Regelungen getroffen. Bisher hält Bayern an den bundeseinheitlichen Regelungen fest.

Im Vergleich zum Ladenschlussgesetz schafft das Gaststättengesetz nicht nur im Rahmen der möglichen Sonntagsöffnungszeiten liberalere Regelungen. Als weiteres Beispiel kann der Umfang der Arbeitszeit angeführt werden. Nach § 17 LadSchlG darf die Beschäftigungszeit von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen acht Stunden nicht überschreiten. Eine solche Beschränkung sieht das Gaststättengesetz nicht vor.

Das Ladenschlussgesetz trifft strengere Regelungen. Damit wird der Schutz der Arbeitnehmer, der Schutz vor Immissionen und der Schutz der Sonn- und Feiertage aus religiösen Gründen verfolgt.