Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 5. Juli 2018 – 3 C 9.17 eine Entscheidung bezüglich offensichtlicher Wohnsitzmängel in EU-Führerscheinen getroffen.
Wurde ein Führerschein von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ohne Vorliegen eines ordentlichen Wohnsitzes ausgestellt, so haftet dieser Mangel dem Führerschein fortlaufend an, so dass auch jener Führerschein davon betroffen ist, der in einem anderen Mitgliedstaat umgetauscht wurde.
In dem Verfahren wurde dem in Deutschland lebenden Kläger mit deutscher Staatsangehörigkeit aufgrund einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen. Da die nachfolgend erstellten Fahreignungsgutachten jeweils negativ ausfielen, hatten die Anträge des Klägers auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis keinen Erfolg.
Der Kläger erlangte aufgrund der Begründung eines Scheinwohnsitzes in der Tschechischen Republik im Jahr 2009 einen tschechischen Führerschein. Die zuständige Führerscheinbehörde erkannte ihm daraufhin die Berechtigung ab, mit diesem Führerschein fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet zu führen. Ein entsprechender Sperrvermerk wurde vorgenommen. Der Kläger ging hiergegen mittels Klage vor, die jedoch rechtskräftig abgewiesen wurde.
Der Kläger hat trotzdem mehrfach in der Bundesrepublik am Straßenverkehr teilgenommen und wurde daraufhin auch mehrfach strafgerichtlich verurteilt und mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis belegt, die 2013 ablief.
2014 erhielt er, nach Wohnsitzverlegung nach Österreich, mittels Umtausch seiner tschechischen Fahrerlaubnis einen österreichischen Führerschein ausgestellt, der als umgetauschter tschechischer Führerschein erkennbar war.
Der Kläger wurde daraufhin auch mit diesem Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland angetroffen und erneut wurde von Seiten der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde festgestellt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, mit seinem österreichischen Führerschein fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet zu führen.
Gegen diese Entscheidung ging der Kläger gerichtlich vor. Seine Klage ist in der Vorinstanz erfolglos geblieben.
Die Revision des Klägers wurde von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts zurückgewiesen.
§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV normiert zwar nicht konkret jene Fälle, in denen der Wohnsitzmangel im Wege des Umtausches nicht mehr unmittelbar aus dem Führerschein selbst oder den Informationen des Ausstellungsmitgliedstaates hervorgehen, jedoch ist diese Norm auf jene Fälle entsprechend anwendbar.
Es soll mittels des Ausschlussgrundes gerade die Anerkennung von Führerscheinen, die bei der Ausstellung gegen die zwingenden Zuständigkeitsvoraussetzungen des ordentlichen Wohnsitzes verstoßen, verhindert werden. Dies ist auf nachträglich umgetauschte Führerscheine entsprechend auszuweiten.
Dies widerspricht auch nicht dem Anerkennungsgrundsatz der 3. Führerscheinrichtlinie 2006/126/EG. Laut Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes wirkt der offensichtliche Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat auch auf Führerscheine fort, die später auf der Grundlage eines Führerscheins, dessen Anerkennung in anderen Mitgliedstaaten zu versagen war, ausgestellt worden sind.
In den betreffenden Rechtssachen ging es um die echte Neuerteilung für andere, an den mit einem solchen Wohnsitzmangel behafteten Führerschein der Klasse B anknüpfende Fahrzeugklassen.
Somit gilt die Fortwirkung des Wohnsitzmangels erst recht im Falle des Umtauschs des mit Mangel behafteten Führerscheins.
Andernfalls würde der ursprünglich mit offensichtlichem Mangel behaftete Führerschein im Wege des verlängerten Umtausches in einem anderen Mitgliedstaat für das Bundesgebiet verbindlich.
Quelle: Pressemittelung des BVerwG Nr. 45/2018 vom 05.07.2018