Die seit 1. Januar 2015 geltenden verbesserten Freistellungsmöglichkeiten, wenn ein Angehöriger schwer krank bzw. pflegebedürftig wird, sind noch nicht auf die Beamten übertragen worden. Das Bundesinnenministerium hat nun vorübergehende Regelungen zur Umsetzung der Vorschriften erlassen.
Angesichts der hohen Bereitschaft, Pflegeaufgaben für Familienangehörige wahrzunehmen, sieht es die Bundesregierung als eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, für Beschäftigte die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbstätigkeit zu verbessern. Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ kam der Gesetzgeber dieser Pflicht nach und hat das das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) und das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) mit Geltung ab 1. Januar 2015 weiterentwickelt:
- Einführung des Rechtsanspruchs auf Familienpflegezeit.
- Einführung eines Anspruch auf finanzielle Förderung (zinsloses Darlehen) zur besseren Bewältigung des Lebensunterhalts während der Freistellung.
- Die Begleitung in der letzten Lebensphase (Sterbebegleitung) wird in die Regelungen miteinbezogen.
- Auch eine außerhäusliche Betreuung von Minderjährigen ist möglich.
- Die bis zu zehntägige Auszeit für Angehörige, die kurzfristig Zeit für die Organisation einer neuen Pflegesituation benötigen, wird mit einer neuen Lohnersatzleistung – dem Pflegeunterstützungsgeld – gekoppelt.
- Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate.
- Als „nahe Angehörige“ gelten nun die Ehefrau oder der Ehemann, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner, das Kind, die Eltern, die Stiefeltern, Schwiegereltern, Geschwister sowie Schwägerinnen und Schwäger.
Diese Verbesserungen gelten derzeit nicht für Beamte, da die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften noch nicht geändert sind. Für Bundesbeamte hat das Bundesinnenministerium nun mit Erlass vom 9. März 2015 (D1-30101/1#4) festgelegt, dass bis zur Übertragung der entsprechenden Regelungen auf den Beamtenbereich die neuen Regelungen des Familienpflegezeitgesetzes und des Pflegezeitgesetzes entsprechend anzuwenden sind.
Im Vorgriff soll wie folgt verfahren werden:
- Wird ein Antrag auf Familienpflegezeit nach § 92a Bundesbeamtengesetz (BBG) gestellt, soll diesem stattgegeben werden. Mit der Beantragung einer Familienpflegezeit nach § 92a BBG ist auch weiterhin zwingend die Gewährung eines Vorschusses verbunden (§ 7 BBesG).
- Auch einem Antrag auf Familienpflegezeit nach § 92a BBG wegen Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen Angehörigen in außerhäuslicher (oder in häuslicher) Umgebung soll ebenso stattgegeben werden; auch hier ist dann gleichzeitig ein Vorschuss zu gewähren.
- Im Vorgriff auf eine vorzunehmende Änderung der Beamten-Pflegezeit-Vorschussverordnung (BPflZV) ist § 1 Absatz 2 Satz 2 der BPflZV nicht mehr anzuwenden. Der Vorschuss ist also auszuzahlen, ohne dass zuvor ein Betrag in Höhe von 3 Prozent des Vorschusses abgezogen wird.
- Bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Änderung im BBG soll im Falle eines Antrags zur Freistellung wegen Sterbebegleitung Sonderurlaub (ohne Besoldung) nach § 13 Sonderurlaubsverordnung gewährt werden, wenn der nahe Angehörige an einer Erkrankung leidet, die fortschreitend verläuft, die Erkrankung bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig ist und von einer lediglich begrenzten Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten auszugehen ist. Ein entsprechender Nachweis durch ärztliche Bescheinigung ist dem Sonderurlaubsantrag anzufügen.
- § 2 Abs. 1 PflegeZG gibt Arbeitnehmern einen Anspruch auf Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Während dieser Zeit wird eine Lohnersatzleistung (Pflegeunterstützungsgeld) gezahlt, die etwa 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts aus dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt beträgt. Im Vorgriff auf eine Änderung der Sonderurlaubsverordnung wird den obersten Bundesbehörden empfohlen, in Fällen der Akutpflege naher Angehöriger Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung für bis zu 9 Arbeitstage nach § 12 Absatz 3 Satz 1, 1. Halbsatz SUrlV zu gewähren. Eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen im Sinne des § 14 SGB XI ist dem Sonderurlaubsantrag anzufügen.
- Die Beamten sind zudem in geeigneter Weise darüber zu informieren, dass neben der Möglichkeit zur Beantragung vom Familienpflegezeit nach § 92a BBG auch die Möglichkeit nach § 92 BBG zur Beantragung familienbedingter Teilzeit und Beurlaubung zur Pflege eines pflegedürftigen Angehörigen besteht. Die und (nur) die Inanspruchnahme von Familienpflegezeit ist zwingend (also ohne dass es eines entsprechenden Antrags bedürfte) mit der Gewährung eines Vorschusses verbunden (§ 7 BBesG). Sofern kein Vorschuss in Anspruch genommen werden soll, ist auf einen Antrag nach § 92 BBG abzustellen.