Dieses Urteil war mit großer Spannung erwartet worden: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 12. Juli 2018 entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht.
Der Erbe hat deswegen einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte (III ZR 183/17). Das entsprechende Urteil der Vorinstanz (Kammergericht – Entscheidung vom 31. Mai 2017 - 21 U 9/16) hob der BGH auf.
In der Pressemitteilung des BGH zu dem Fall heißt es: „Es besteht (…) kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass nur der Kontoinhaber und nicht Dritte von dem Kontoinhalt Kenntnis erlangen. Zu Lebzeiten muss mit einem Missbrauch des Zugangs durch Dritte oder mit der Zugangsgewährung seitens des Kontoberechtigten gerechnet werden und bei dessen Tod mit der Vererbung des Vertragsverhältnisses“.
Einer Differenzierung des Kontozugangs nach vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten erteilt der BGH eine Absage. Nach der gesetzgeberischen Wertung gingen auch Rechtspositionen mit höchstpersönlichen Inhalten auf die Erben über. So würden analoge Dokumente wie Tagebücher und persönliche Briefe vererbt, wie aus § 2047 Abs. 2 und § 2373 Satz 2 BGB zu schließen sei. Es bestehe aus erbrechtlicher Sicht kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln.
Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht der im Fall relevanten Erblasserin (einer 15-jährigen, die unter bisher ungeklärten Umständen infolge eines U-Bahnunglücks um Leben gekommen war) oder das Fernmeldegeheimnis führen dem BGH zufolge zu keiner anderen Beurteilung.
Des Weiteren stehe auch die seit dem 25. Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) dem Zugang der Erben nicht entgegen. Datenschutzrechtliche Belange der Erblasserin seien nicht betroffen, da die Verordnung nur lebende Personen schütze. Die der Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten immanente Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kommunikationspartner der Erblasserin sei sowohl nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO als auch nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zulässig. Sie sei sowohl zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kommunikationspartnern der Erblasserin erforderlich (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO) als auch auf Grund berechtigter überwiegender Interessen der Erben (Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO).