Reinhold Pachowsky, Immobiliensachverständiger und Leiter des IMI Immobilien-Institut in Nürnberg nimmt im Interview Stellung zu den gefährlichen Preisübertreibungen bei Eigentumswohnungen.
In ihrem jüngst veröffentlichten Frühjahrsgutachten der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) liefert nun die Immobilienbranche selbst eindeutige Indikatoren: Die Preisübertreibungen bei Eigentumswohnungen halten den Ertragswerten nicht mehr stand. Der Freiburger Ökonom und Mitverfasser der Studie Lars Feld nannte den Anstieg der Quadratmeterpreise „gaga“.
Reinhold Pachowsky, Immobiliensachverständiger und Leiter des IMI Immobilien-Institut in Nürnberg im Interview mit der WALHALLA-Redaktion:
Herr Pachowsky, es ist soweit: Nachdem die Bundesbank schon seit Jahren vor einer Immobilien-Blase warnt, konstatiert nun auch die Zentrale Immobilien Ausschuss AIZ gefährliche Preisübertreibungen. Alles nur „viel Geschrei und wenig Wolle“?
Reinhold Pachowsky: Preise steigen in einer Marktwirtschaft bei geringem Angebot und großer Nachfrage. Bei Immobilien kommt hinzu, dass der Staat mit kostentreibenden Gesetzen, zum Beispiel zur Energieeinsparung, die seit Januar nochmals verschärft sind, die Kosten anheizt und dass es, zumindest in den Großstädten, kaum mehr geeignetes Bauland gibt, was, aufgrund des geringen Grundstücksangebots, ebenfalls die Kosten nach oben treibt. Somit kann es bei Immobilien nur Kostensteigerungen geben. Diese waren allerdings stärker als ich es erwartet hatte.
Volkswirtschaftlich gesehen war Deutschland etwa 15 Jahre lang im EU-Ranking letzter beim Wohnungsneubau. Somit ist auch ein gewisser Nachholbedarf gegeben, der ebenfalls zu Kostenerhöhungen führt. Eine „Blase“, also ein Neubau über die Nachfrage hinaus, kann es in einem einzelnen, regionalen Markt schon geben, insgesamt aber ist eine „Blase“ aus obigen Gründen äußerst unwahrscheinlich.
Es wird aber immer schwieriger und auch riskanter, eine Immobilie zu erwerben, die die Renditeerwartung des Investors erfüllt?
Reinhold Pachowsky: Das ist richtig. Die Politik verhält sich absolut zwiespältig. Einerseits will sie die Mieten senken oder begrenzen, andererseits treibt sie, wie eben gesagt, ständig die Kosten nach oben. Und der Investor sitzt zwischen den Stühlen und weiß offenbar nicht, was er tun soll, denn wenn die kostendeckende Miete weit über dem Mietspiegel liegt, machen Investitionen wenig Sinn.
Als Leiter des ältesten privaten Bildungsinstituts der Immobilienbranche verfügen Sie über ein fachliches Langzeitwissen und haben schon so manches erlebt – und daraus gelernt. Wo stehen wir heute und welchen Rat geben Sie Investoren, die jetzt in „Betongold“ anlegen wollen? Oder anders: Krisenfest investieren – geht das überhaupt noch und wenn ja, wie?
Reinhold Pachowsky: Die Situation hat sich für Immobilieninvestoren in den letzten fünf Jahren deutlich verschlechtert. Zwar sind die Kreditzinsen so niedrig wie noch nie, aber das Energieeinsparungsgesetz, aus meiner Sicht das „schlechteste Gesetz aller Zeiten“, hat dazu geführt, dass die „Langlebigkeit und Beständigkeit“ von Immobilien, also die Sicherheit der Kapitalanlage, nicht mehr gegeben ist. Das liegt daran, dass aus Kostengründen die Außenmauern mit Kalksandstein gebaut und daran die Wärmedämmung angeklebt werden. In meiner Nachbarschaft zum Beispiel hat es stark geregnet, als die Kalksandstein-Außenwände gemauert wurden. Das ist nichts Außergewöhnliches … Regengüsse während der Bauphasen sind keine Seltenheit. Dieser Stein, er besteht ja im Wesentlichen aus Kalk und Sand, hat sich „voll gesaugt wie ein Schwamm“. Nachdem der Regen nachließ, wurde die Außendämmung angebracht. Damit wurde die Feuchtigkeit eingeschlossen und somit wohnen die Menschen aufgrund der luftdichten Außenwand wie in einem „Luftballon“. Schimmelpilz ist unvermeidlich. Die bei dieser Bauweise entstehende ungesunde Wohnqualität ist leider noch immer kein öffentliches Thema.
Für Investoren ist diese Bauweise eben nicht beständig, denn diese Immobilien sind nicht langlebig (ich rechne damit, dass in 20 – 30 Jahren die Wärmedämmungen auf Kosten der Eigentümer abgerissen und als Sondermüll für viel Geld entsorgt werden müssen), und somit hat sich der Hauptgrund für ein Investment in Neubauimmobilien erledigt. Es bleibt nur noch der Kauf aus dem Bestand. Hier haben die „alten Immobilien“ bisher schon sechs Krisen überstanden und werden auch weitere überstehen, weil sie eben beständig und sicher sind. Nur diese kann ich empfehlen.
Der Deutsche Bundestag diskutierte im Januar über die „Bezahlbarkeit von Mietwohnungen und Einschränkungen von Luxusmodernisierungen“. Was steckt dahinter?
Reinhold Pachowsky: Wie ich eben gesagt habe, handelt die Politik äußerst widersprüchlich. „Niedrige Mieten“ will jeder Mieter, das ist verständlich und deshalb steigt die Politik gerne auf dieses Thema ein. Aber was man unter „Luxus“ versteht, hängt von der persönlichen Situation ab. Noch vor nicht allzu langer Zeit war das „eigene Bad“ innerhalb der Wohnung schon Luxus. Und die wirklich teuren Maßnahmen der Wärmedämmung, die dem Mieter viel weniger Einsparung bringen als die Mieterhöhung ausmacht, hat sich die Politik mit dem schon genannten Gesetz selbst zuzuschreiben. Echte Luxuswohnungen gehören zu einem Bereich, zu dem die große Mieterschicht, und damit die Mehrheit der Bevölkerung, ohnehin keinen Zugang hat.
Im Februar beschloss das Bundeskabinett, eine Sonderabschreibung zur Förderung des Wohnungsneubaus einzuführen, wobei die Gebäudeherstellungskosten auf max. 3000 Euro pro Quadratmeter begrenzt sind. Ist eine solche Sonderabschreibung sinnvoll?
Reinhold Pachowsky: Steuerliche Abschreibungen sind gut für „Besserverdienende“, aber unwirksam bzw. unsinnig für alle anderen, zum Beispiel Wohnungsbaugesellschaften. Die Bauherrenmodelle der 80er Jahre haben gezeigt, wie schnell Sonderabschreibungen zu Auswüchsen führen, denn die Kaufpreise und die Mieten schossen in damals unglaubliche Höhen. Und es entstand eine wirkliche Blase, die viele Jahre anhielt und die Steuergelder verpufften. Diese Gefahr bestünde auch heute. Nach meiner Meinung sollte die Regierung die kostentreibenden Gesetze überprüfen und ggf. abschaffen, um hier mehr Spielraum für niedrigere Herstellungskosten zu ermöglichen. Dann hätten alle etwas davon.
Zur Person: Reinhold Pachowsky ist Immobiliensachverständiger. Seit vielen Jahren leitet er das IMI Immobilien-Institut in Nürnberg, das älteste private Bildungsinstitut der Immobilienbranche, eine der führenden Einrichtungen auf dem Gebiet staatlich anerkannter Immobilien-Fernlerngänge. Er ist Autor des Fachbuchs Profi-Handbuch Wohnungs- und Hausverwaltung.