Die Deutschen werden immer älter – und gehen immer früher in Rente. Das könnte zum Problem werden, denn irgendwann droht das Verhältnis von Einzahlern und Empfängern in der gesetzlichen Rentenversicherung zu kippen.
Deshalb drängt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - besser bekannt als die Wirtschaftsweisen - auf eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung: Späterer Beginn, Kopplung an die Inflation und Entlastung von Geringverdienern: All das seien notwendige Maßnahmen, um die gesetzliche Rente auch in Zukunft zu sichern, so die Ökonomen bei der Vorstellung des Gutachtens.
Kernforderung ist eine noch stärkere Koppelung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung - und die steigt. Deshalb müsse über eine erneute Anhebung des Rentenbeginns nachgedacht werden, sagen die Experten. Das hätte auch für den gebeutelten Arbeitsmarkt einen positiven Effekt, weil ihm dadurch langfristig mehr Menschen zur Verfügung stünden.
Ähnlich wie bei der Besteuerung sollen nach den Vorschlägen der Sachverständigen zudem Gutverdiener künftig weniger Rente je Beitragseuro erhalten als Geringverdiener. Damit würden sie niedrige Rentenansprüche erwerben, Menschen mit geringem Jahreseinkommen hingegen würden höhere Ansprüche zustehen.
Rente an Inflation koppeln
Außerdem sollen die Rentenerhöhungen künftig nicht mehr den Löhnen folgen, sondern der Inflation, so der Vorschlag. Der Effekt: Steigen die Verbraucherpreise langsamer als die Löhne, wachsen auch die Ausgaben der Rentenkasse nicht mehr so stark.
Keine Lösung sehen die Sachverständigen in der seit vielen Jahren existierenden Forderung, neben Selbstständigen auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu lassen. Zwar steige dadurch die Zahl der Beitragszahler, was die Rentenversicherung kurzfristig entlaste. Bei Renteneintritt würde dies aber zu noch größeren Finanzierungsproblemen führen, da die Rentenbezugsdauer von Beamtinnen und Beamten überdurchschnittlich lang sei, so die Feststellung.
Vorübergehende Entlastungen für die Rentenfinanzen können sich auch ergeben, wenn – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – Selbständige ohne obligatorische Altersvorsorge künftig einer Altersvorsorgepflicht unterliegen. Offen sei aber, wie viele sich für eine Absicherung in der Gesetzlichen Rentenversicherung und nicht für eine private Altersvorsorge entscheiden. Für eine Einbeziehung von Selbstständigen spreche, dass damit Vorsorgelücken geschlossen, der Sozialstaat bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter entlastet werden könnte.
Protest an den Vorschlägen kommt unter anderem von den großen Wohlfahrtsverbänden, die darin einen schleichenden Ausstieg aus der gesetzlichen Rentenversicherung sehen und die immer größere Belastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kritisieren, wenn das Renteneintrittsalter auf 68 Jahre oder noch mehr angehoben würde. Schon heute würde kaum jemand die Altersgrenze von 67 erreichen – damit bedeuteten die Vorschläge in letzter Konsequenz eine weitere Absenkung des Rentenniveaus.
Weitere Schwerpunkthemen des Gutachtens sind unter anderem die Bewältigung der Energiekrise sowie das Thema Digitalisierung. Hier geht es zum Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen.
Quelle: PM Sachverständigenrat zum Gutachten 2023/2024