Der Bundesgerichtshof entschied am 21. Februar 2022 über den Anspruch auf Schadensersatz in der VW-Abgasaffäre trotz Verjährung.
Im VW-Diesel-Skandal hat der BGH mit Urteil vom 21. Februar 2022 entschieden (Az. VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21), dass den betroffenen Klägern ein Schadensersatz aus § 852 Satz 1 BGB zusteht und zwar trotz eingetretener Verjährung nach § 195 BGB.
Hintergrund
Die Medien berichteten ab September 2015 von dem Abgasskandal der Volkswagen-AG betreffend die Motoren des Typs EA 189. Aufgedeckt wurde das illegale Verwenden einer Software, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet und in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus in einen Stickoxid-optimierten Modus wechselt.
Prozessgeschichte
Der BGH hat mit seinem Urteil vom 25. Mai 2020 (Az.: VI ZR 252/19) die jahrelange Ungewissheit geklärt: dem Käufer stehen Schadensersatzansprüche in Form der Kaufpreiserstattung wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu, jedoch nur gegen Anrechnung des gezogenen Nutzungsvorteils.
Anspruch trotz Verjährung
Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist nach § 195 BGB drei Jahre und beginnt gemäß § 196 Abs. 1 BGB dann, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste.
Die Kläger hatten jeweils spätestens 2016 von der fehlerhaften Software Kenntnis erlang, Klage jedoch erst 2020 erhoben.
Der BGH stellte nun aber fest: Es besteht ein Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 BGB.
§ 852 BGB ist als Herausgabeanspruch zu verstehen, mit der Folge, dass nur dasjenige verlangt werden kann, was der Anspruchsgegner unrechtmäßig erhalten hat. Keinesfalls können – im Gegensatz zu § 826 BGB – andere Schäden (z.B. Rechtsanwaltskosten) ersetzt werden.
Herauszugeben ist also der von den Klägern geleistete Kaufpreis/Händlerkaufpreis.
Da der Anspruch nicht weitreichender sein darf, als der Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB, ist eine Nutzungsentschädigung für die mit den Fahrzeugen gefahrenen Kilometer anzurechnen und die Zahlung des Restschadensersatzes muss nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe der Fahrzeuge erfolgen.
Quellen: