Eine Entlassung aus der Bundeswehr wegen Dienstunfähigkeit ist ein großer Einschnitt für einen Soldaten. Muss der Dienstherr bei einem solchen Schritt darauf achten, dass dem zu Entlassenden möglichst wenig Nachteile entstehen?
Ein Hauptgefreiter, der als Soldat auf Zeit in die Bundeswehr aufgenommen wurde, war nach seinem Dienstantritt im Oktober 2018 seit August 2019 dauerhaft „krank zu Hause“. Als sich seine gesundheitliche Situation nicht änderte, entließ das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr den Hauptgefreiten mit Wirkung zum 31. August 2020.
Ein zusätzlicher Monat hätte weitere Ansprüche begründet
Gegen diesen Schritt klage der Soldat mit der Begründung, eine Entlassung zum 30. September hätte ihm weitergehende versorgungsrechtliche Möglichkeiten sowie Ansprüche auf Berufsförderung und Übergangsbeihilfen ermöglicht, da er dann eine Dienstzeit von insgesamt zwei Jahren erfüllt hätte.
Dieser Sicht schlossen sich aber weder das Verwaltungsgericht Würzburg als nun auch das VGH München (6 ZB 21.543) an. Die rechtliche Lage, so die Richter, ist eindeutig. Nach § 55 Abs. 2 SG ist ein Soldat auf Zeit zu entlassen, wenn er dienstunfähig ist. Darüber hinaus kann nach § 44 Abs. 3 Satz 2 SG ein Soldat auch dann als dienstunfähig angesehen werden, wenn die Wiederherstellung seiner Fähigkeit zur Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht innerhalb eines Jahres zu erwarten ist. Die Dienstunfähigkeit wird aufgrund des Gutachtens eines Arztes der Bundeswehr von Amts wegen oder auf Antrag festgestellt.
Formale Bestimmungen wurden eingehalten
Auch formal lief alles korrekt. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 55 Abs. 6 Satz 2 SG muss die Entlassungsverfügung dem Soldaten in den Fällen des § 55 Abs. 2 SG wenigstens drei Monate vor dem Entlassungstag unter schriftlicher Angabe der Gründe zugestellt werden. Diese Vorschrift und auch die Bestimmungen der ZDv A-1420/2 hat das BAPersBw eingehalten.
Eine Anspruchsgrundlage für eine weitergehende Verlängerung der Entlassungsfrist des Klägers, der sich bereits seit August 2019 aus gesundheitlichen Gründen im Status „krank zu Hause“ befand, war daher nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung des Hauptgefreiten war das BAPersBw auch aus Gründen der Fürsorgepflicht nicht gehalten, den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der zum 31. August 2020 ausgesprochenen Entlassung so zu bestimmen, dass der Kläger eine Wehrdienstzeit von mindestens zwei Jahren hätte vollenden können.
Mit der Entlassungsverfügung tritt das Soldatenverhältnis inhaltlich in ein Stadium der „Abwicklung“ ein, in dem unter anderem die Fürsorgepflicht des Dienstherrn insofern uneingeschränkt fortbesteht, als bereits begründete Ansprüche des Betroffenen zu erfüllen sind, in dem es diese Pflicht dem Dienstherrn aber nicht mehr gebietet, den Betroffenen zu fördern oder in seiner Person die Voraussetzungen für weitere Ansprüche zu schaffen.
Kein Berufsförderungsdienst und kein Arbeitslosengeld
Folge: Dem ehemaligen Soldaten stehen keine weiteren Förderungen durch den Berufsförderungsdienst sowie keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld zu.