Heute hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Dem Bundesgesetzgeber fehlt die Gesetzgebungskompetenz für das Betreuungsgeld. Die §§ 4a bis 4d des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG), die einen Anspruch auf Betreuungsgeld begründen, sind daher nichtig. Es ist jetzt in der Hand der Landesbehörden, über bereits bewilligte Leistungen zu entscheiden.
Das Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro im Monat wird bisher an rund 455.000 Familien gezahlt, die für ihre ein- und zweijährigen Kinder keine staatlich geförderte Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Welche Auswirkungen hat das Urteil für diese Leistungsbezieher?
„Nichtigkeit“ bedeutet, dass die für verfassungswidrig erklärte Vorschrift aus der Rechtsordnung herausgenommen wird. Diese Wirkung tritt mit Wirksamkeit der Entscheidung kraft Gesetzes ein. Gemäß § 31 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz hat die Entscheidung über die Nichtigkeit einer Norm Gesetzeskraft und gilt ab Verkündung im Bundesgesetzblatt.
Somit stellt die Nichtigerklärung durch das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Grenze für den Geltungsanspruch der auf der für nichtig erklärten Vorschrift beruhenden Leistungsbewilligung dar. Nun müssen die Landesbehörden entscheiden, wie mit diesen Bewilligungen zu verfahren ist:
§ 48 SGB X ermächtigt in diesen Fällen die zuständigen Behörden, Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Entscheidend für die Einstellung der Leistung ist der Zeitpunkt, zu dem der Aufhebungsbescheid dem Bezieher des Betreuungsgeldes bekanntgegeben wird. Allein schon aus Vertrauensschutzgründen wird bereits ausgezahltes Betreuungsgeld aber nicht zurückgeholt werden.
Mit anderen Worten: Eltern, die derzeit Betreuungsgeld beziehen, brauchen bereits geleistete Zahlungen nicht zurückerstatten. Sie werden aber wohl von der zuständigen Elterngeld-Stelle einen Aufhebungsbescheid bekommen. Ab diesem Zeitpunkt gibt es dann auch keine Zahlung mehr.
Den Bundesländern bleibt es unbenommen, in ihrem Wirkungskreis eine entsprechende Leistung anzubieten. Bayern hat dies bereits angekündigt.
Das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 (1 BvF 2/13) kann in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts abgerufen werden.
Vertiefende Erläuterungen zur Aufhebung von Bewilligungsbescheiden im Sozialverwaltungsverfahren finden Sie im Handbuch Das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren von Norbert Finkenbusch.