Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich mit Zwangsbehandlungen

Zwangsbehandlungen bei rechtlich betreuten Menschen sind ein hochsensibles Thema. Sie dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen und bisher nur in Kliniken durchgeführt werden, weil dort die medizinische Nachsorge gesichert ist. Ob Ausnahmen von der Krankenhausbehandlung möglich sind, damit beschäftigt sich nun das Bundesverfassungsgericht.

Das Bundesverfassungsgericht (BVG) steht vor einer schwierigen Entscheidung: Es muss darüber befinden, ob rechtlich betreute Menschen im Falle einer notwendigen Zwangsbehandlung stets generell und unbedingt in einem Krankenhaus behandelt werden müssen oder ob das auch in ihrer Wohneinrichtung möglich ist.

Geklagt hatte eine Frau, die unter paranoider Schizophrenie leidet und in einer Einrichtung lebt. Ihr Betreuer hatte beantragt, dass sie ihre Medikamente, die sie ablehnte, in der Einrichtung nehmen dürfe und nicht im Krankenhaus, weil der Transport dorthin und der Aufenthalt zu belastend seien und die Psychosen verschlimmerten.

Unvereinbar mit Schutzpflicht?

Die zuständigen Gerichte stimmten dem Antrag nicht zu. Die Frau wandte sich daraufhin an den Bundesgerichtshof (BGH), der es für verfassungswidrig hält, dass eine Zwangsbehandlung ohne Ausnahme stationär im Krankenhaus stattfinden muss, wenn Menschen dadurch möglicherweise Schaden erleiden und sie auch in ihrer Einrichtung behandelt werden können. Diese Regelung sei mit der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar. Der BGH setzte das Verfahren 2023 aus und fragte das Bundesverfassungsgericht an.

Bei der Verhandlung Mitte Juli vor dem Ersten Senat wurden zahlreiche Experten gehört, die Argumente für und wider die Regelung darlegten. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Für eine zwangsweise medizinische Behandlung von Betreuten gelten grundsätzlich hohe rechtliche Hürden. Sie muss unbedingt notwendig sein. Es muss ein ernster gesundheitlicher Schaden drohen und der Nutzen muss das Risiko überwiegen.

Außerdem muss erst versucht werden, die Betroffenen zu überzeugen. Nur wenn sie die Notwendigkeit nicht erkennen oder nicht danach handeln können, dürfen sie zwangsweise behandelt werden. Auch der mutmaßliche oder tatsächlich festgelegte Wille der Betroffenen muss beachtet werden.

Quelle: BGH, BVG