Der Bundestag hat am Donnerstag, 22.04.2021, das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschlossen. Das Gesetz wird nun dem Bundesrat zugeleitet.
Von der Reform profitieren sollen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die auf besondere Unterstützung angewiesen sind, beispielsweise junge Menschen, die in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen oder in einer Familie mit einem psychisch- oder suchterkrankten Elternteil leben.
Das Gesetz inkludiert außerdem Kinder mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung. Bislang sind nur Kinder mit einer seelischen Behinderung durch das Kinder- und Jugendhilferecht erfasst.
Diese fünf Bereiche werden im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz geregelt
1. Besserer Kinder- und Jugendschutz
Das Gesetz verbessert den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und Pflegefamilien, u. a. durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und anderen Akteuren im Kinder- und Jugendschutz.
Wenn beispielsweise Ärztinnen und Ärzte dem Jugendamt einen Verdachtsfall melden, sollen sie künftig eine Rückmeldung erhalten, welche Konsequenzen ihre Meldung hatte. Es wird außerdem genauer geregelt, in welchen Fällen Ärztinnen und Ärzte trotz Schweigepflicht einen Verdachtsfall melden sollen.
2. Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
Pflegekinder und Kinder und Jugendliche, die in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen, müssen weniger Betreuungskosten tragen als bisher. Statt bislang 75 Prozent müssen sie künftig maximal 25 Prozent ihres Einkommens abgeben.
Sogenannte „Careleaver“, also junge Menschen, deren Fürsorge durch die Jugendhilfemaßnahmen mit dem 18. Geburtstag endet und deren Weg in die Selbstständigkeit beginnt, haben künftig die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen in die Einrichtung zurückzukehren.
Eltern erhalten bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie einen Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind.
3. Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen
Das Gesetz soll die Chancengleichheit von jungen Menschen stärken. Es stellt die Weichen für eine Zusammenführung der Zuständigkeiten für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe.
Zu den Hilfen aus einer Hand gehört auch die Einführung von sogenannten Verfahrenslotsen, die Eltern ab 2024 als Ansprechperson unterstützend durch das Verfahren begleiten.
2028 soll die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zuständig werden, wenn dies zuvor ein Bundesgesetz im Einzelnen regelt.
4. Mehr Prävention vor Ort
Eltern mit einer Sucht- oder einer psychischen Erkrankung können in einer kurzfristigen Notsituation Hilfe im Alltag erhalten. Erziehungsberatungsstellen können beispielsweise Fachkräfte oder ehrenamtliche Paten vermitteln, die die Familien bei der Kinderbetreuung unterstützen.
5. Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien
Kinder und Jugendliche können künftig uneingeschränkt Beratung durch die Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen. Zudem werden Ombudsstellen eingerichtet. Pflegekinder und Kinder und Jugendliche in Einrichtungen sollen sich mit Beschwerden an eine externe Ansprechperson richten können.