Für den besonderen Polizeiaufwand aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung darf grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in seinem Urteil vom 29. März 2019 (BVerwG 9 C 4.18).
Die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL GmbH) klagte gegen einen Gebührenbescheid der Freien Hansestadt Bremen, nachdem sie von dieser als Gebührenschuldnerin in Anspruch genommen worden war.
Grundlage des Gebührenbescheides war § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG), welcher in der Fassung vom 4. November 2014 wie folgt lautet:
„Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5 000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht. Der Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten. Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden.“
Die Forderung der Freien Hansestadt Bremen in Höhe von etwa 425 000 € betraf einen mit erheblichen zusätzlichen Kräften geleisteten Polizeieinsatz anlässlich einer Begegnung der Fußball-Bundesliga am 19. April 2015 im Bremer Weser-Stadion zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. Die DFB-GmbH war rund drei Wochen vor dem Spiel darauf hingewiesen worden, dass am Spieltag nach den polizeilichen Lageerkenntnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zu rechnen sei.
Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes rechtfertigt sich die Gebührenerhebung der Freien Hansestadt Bremen dadurch, dass die Polizei aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung einen erheblichen Mehraufwand betreiben muss. Da der Veranstalter für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung auf die zusätzliche Polizeipräsenz angewiesen ist, darf ihm auch der zusätzliche Mehraufwand zugerechnet werden. Der Veranstalter wird also nicht etwa als Veranlasser einer Störung der öffentlichen Sicherheit in Anspruch genommen, sondern vielmehr als Nutznießer einer besonders aufwendigen polizeilichen Sicherheitsvorsorge.
Bei der Auslegung des Gebührentatbestandes entstehende Unsicherheiten, die insbesondere hinsichtlich der Höhe des polizeilichen Mehraufwandes und damit hinsichtlich der Gebühr bestehen, erreichen kein unzumutbares Ausmaß. Das gilt v.a. deshalb, weil das Gesetz an „erfahrungsgemäß“ zu erwartende Gewalthandlungen anknüpft. Für den Fußball verfügen Polizei und Veranstalter über einschlägige Erfahrungen. Soweit es in anderen Bereichen noch keine ausreichenden Erfahrungen gibt, darf nach dem Gesetz auch keine Gebühr erhoben werden.
Obwohl sie eine beträchtliche Höhe erreichen kann, ist die Gebühr ist auch nicht unverhältnismäßig, da der Gesetzgeber ausschließlich an gewinnorientierte Veranstaltungen anknüpft. Damit steht die Gebühr regelmäßig in einer angemessenen Relation zu dem wirtschaftlichen Ergebnis, das der Veranstalter – auch dank des verstärkten Polizeieinsatzes – erzielen kann.
Die Freie Hansestadt Bremen durfte auch statt des Heimvereins Werder Bremen die DFL GmbH auf Zahlung der Gebühr in Anspruch nehmen: Die DFL GmbH führt als Tochtergesellschaft das operative Geschäft des DFL e.V., in dem die lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesliga zusammengeschlossen sind. Aufgrund dieser Zusammenarbeit beider Akteure im Rahmen des Wettbewerbs Bundesliga ist die DFL GmbH als Mitveranstalter des betreffenden Fußballspiels anzusehen. Den internen Ausgleich durfte die Freie Hansestadt Bremen den Beteiligten überlassen.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes Nr. 26/2019 vom 29.03.2019