Das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist am 18.06.2021 in Kraft getreten und sieht vor, die Betriebsratswahlen zu vereinfachen und die Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt zu stärken.
Gesetzestitel hat sich im Gesetzgebungsverfahren geändert
Das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz hieß im ursprünglichen Referentenentwurf vom Dezember 2020 noch Betriebsrätestärkungsgesetz.
Immer weniger Betriebsräte in Deutschland
Laut den Zahlen des IAB-Betriebspanels 2019 verfügen nur noch neun Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe in Westdeutschland und zehn Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe in Ostdeutschland über einen Betriebsrat. Nur etwa 41 Prozent der Arbeitnehmer in Westdeutschland sowie 36 Prozent in Ostdeutschland werden von Betriebsräten vertreten.
Hintergrund ist insbesondere, dass gerade kleine Unternehmen bewusst auf die Gründung eines Betriebsrats verzichten, weil die Formalien eines regulären Wahlverfahrens sehr abschreckend wirken. Auf der anderen Seite versuchen auch Arbeitgeber die Gründung von Betriebsräten zu verhindern.
Dem will das Gesetz nun entgegenwirken und die die Gründung und Wahl von Betriebsräten fördern und erleichtern.
Vereinfachtes Wahlverfahren wird ausgeweitet (§ 14a BetrVG)
Was die Wahl betrifft so wird das vereinfachte Wahlverfahren nun für Betriebe bis zu 100 Beschäftigten obligatorisch (früher nur 50). Bei diesem Verfahren sind kürzere Fristen einzuhalten. Auch darüber hinaus können Wahlvorstand und Arbeitgeber in Betrieben zwischen 101 bis 200 Beschäftigten das vereinfachte Verfahren vereinbaren.
Anfechtung der Betriebsratwahl (§ 19 Abs. 3 BetrVG)
Eine Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist insofern ausgeschlossen, als sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Ausnahmsweise gilt das nicht, wenn der Anfechtende an der Einspruchseinlegung gehindert war.
Auch eine Anfechtung seitens des Arbeitgebers ist nicht möglich, wenn er die Anfechtung mit der Unrichtigkeit der Wählerliste begründet und diese Unrichtigkeit auf den Angaben des Arbeitgebers beruht.
Mehr Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder (§ 15 Abs. 3a KSchG)
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz verbessert den Kündigungsschutz derjenigen Beschäftigten, die erstmals zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung einladen oder die Bestellung eines Wahlvorstands beantragen. Sie sollen vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unkündbar sein.
Nach dem Kündigungsschutzgesetz umfasst der Sonderkündigungsschutz für Initiatoren einer Betriebsratswahl erst die Einladung zur Wahlversammlung und gilt nur für die ersten drei in der Einladung genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 15 Abs. 3a KSchG).
Da allerdings die drei Einladenden üblicherweise den Wahlvorstand stellen und bei Verhinderung einer der drei Personen (Krankheit, Einschüchterung), die Gefahr besteht, dass eine Wahl nicht durchgeführt werden kann, wurde der Kündigungsschutz auf sechs Einladende erhöht.
Virtuelle Betriebsratssitzungen im BetrVG verankert (§ 30 BetrVG)
Vor dem Hintergrund der Corona Krise wurde befristet die Möglichkeit eingeführt, Betriebsratssitzungen ganz oder teilweise virtuell abzuhalten. Die Befristung wurde nun gestrichen.
Die Präsenzsitzung hat weiter Vorrang. Vor dem Hintergrund muss der Betriebsrat die Rahmenbedingungen für Video- und Telefonkonferenzen festlegen. Nur er, nicht der Arbeitgeber kann die Durchführung der Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz verlangen.
Mitbestimmung beim Einsatz von künstlicher Intelligenz (§ 80 Abs. 3 BPersVG)
Sofern der Betriebsrat im Rahmen seiner Aufgaben Fragen der Einführung und Anwendung der Künstlichen Intelligenz im Betrieb beurteilen soll, soll er nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz künftig ohne weiteres einen Sachverständigen hinzuziehen dürfen. Die Rechte des Betriebsrats bei der Festlegung von Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl sind auch dann zu beachten, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung von KI erstellt werden (§ 95 Abs. 2a BetrVG). Mehr dazu lesen Sie hier.
Beteiligungsrechte bei Weiterbildung und mobiler Arbeit
Im Hinblick auf die Qualifizierung (§ 96 Abs. 1 BetrVG) hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat Fragen der Berufsbildung zu beraten. Sofern keine Einigung über Maßnahmen der Berufsbildung zustande kommt, können der Arbeitgeber oder der Betriebsrat die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen. Die Einigungsstelle übernimmt in diesem Fall eine moderierende Funktion. Ein Einigungszwang besteht nicht.
Zu Förderung mobiler Arbeit und zum Schutz der Arbeitnehmer bei Wahrnehmung von Homeoffice wird in § 87 Absatz 1 Nr. 14 BetrVG ein neues Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit eingeführt.
Datenschutz (§ 79 a BetrVG)
Der Betriebsrat hat bei der Verarbeitung personenbezogener Daten den Datenschutz zu beachten, aber auch wenn er Daten verarbeitet, ist der Arbeitgeber der für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften.