Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat kürzlich entschieden, dass Haltegriffe für Bad und WC, die nach einem Schlaganfall angeschafft werden, beihilfefähig sein können.
Sie sind dann nicht der allgemeinen Lebenshaltung im Sinne von § 25 Abs. 2 Nr. 1 c) der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) zuzuordnen.
Bundesbeamter erleidet Schlaganfall
Ein Bundesbeamter, 61 Jahre, erlitt im August 2018 einen Schlaganfall. Im Zuge der Entlassung aus der Reha, wurden ihm Haltegriffe für Dusche und WC ärztlich verordnet.
Ärztlich verordnete Haltegriffe nötig
Er schaffte sich insgesamt drei Haltegriffe für 178 € an und beantragte dafür die Gewährung von Beihilfe. Dies wurde abgelehnt, der Beamte erhob Klage.
Verwaltungsgericht bestätigt Beihilfefähigkeit
Das Verwaltungsgericht Bremen gab der Klage statt. Dagegen richtete sich der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung.
Berufungsgericht: Beihilfe zwecks Anschaffung von Haltegriffen
Auch das Berufungsgericht, das Oberverwaltungsgericht Bremen bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach die Haltegriffe für Bad und WC beihilfefähig seien.
Sie seien nicht der allgemeinen Lebenshaltung im Sinne von § 25 Abs. 2 Nr. 1 c) BBhV zuzuordnen, da sie für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderten Menschen entwickelt und hergestellt werden und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden.
Hilfsmittel für spezielle Bedürfnisse, keine allgemeine Lebenshaltung
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei es dabei auch nicht maßgeblich, dass Haltegriffe in jedem Baumarkt erhältlich und in Hotelzimmern häufig vorhanden sind. Auf den Verbreitungsgrad des Hilfsmittels komme es nicht an. Insofern sei es unbeachtlich, dass der Gegenstand millionenfach verbreitet ist. Zwar mögen auch Menschen die Haltegriffe nutzen, die nicht krank oder behindert sind. Es liegen aber keine Indizien, zum Beispiel in Form von statistischen Daten, vor, die darauf hindeuten, dass dies der überwiegende Nutzwerkreis ist.
Ärztliche Verordnung verbindlich
Außerdem habe die Beklagte keine Befugnis ohne weitere Sachverhaltsaufklärung von der Einschätzung des verordneten Arztes oder Ärztin abzuweichen.
Anlage 11 BBhV nicht abschließend
Dass die Haltegriffe in der Anlage 11 zur BBhV nicht ausdrücklich als beihilfefähig aufgeführt sind, hielt das Oberverwaltungsgericht für unbeachtlich. Denn es bestehe eine Vergleichbarkeit mit den in Ziffer 1.16 und 1.18 genannten "Aufrichteschlaufen" und "Aufstehgestellen". Zudem sei die Anlage 11 nicht abschließend und Haltegriffe seien auch nicht in die Aufzählung der nicht beihilfefähigen Hilfsmittel nach Anlage 12 zur BBhV aufgenommen.
Quelle: Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschl. v. 06.04.2022 - 2 LA 171/20