Wie man als Anleger mit seinen Investments umgeht bzw. wie man jetzt vorsichtig Positionen aufbaut, erläutert unsere Autorin Anke Dembowski in diesem Gastbeitrag.
Es ist mal wieder soweit: Eine Börsenkrise! Als sich abzeichnete, dass das Coronavirus nicht nur eine lokale, nur auf China begrenzte Problematik ist, fiel das deutsche Börsenbarometer DAX innerhalb von nur zwei Wochen um rund 30 Prozent! Auch jetzt sind die Börsen noch extrem unruhig. Zum einen, weil das Coronavirus noch nicht verschwunden ist, zum anderen, weil die wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns schwer absehbar sind.
Als Anleger gut durch die Krise
„This time is different“ – diesmal ist es wirklich anders als zu anderen Krisen, denn im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 haben wir es bei der Corona-Pandemie mit einem exogenen Schock zu tun, der unabhängig von wirtschaftlichen Aktivitäten über die Welt hereingebrochen ist. Außerdem ist er global – von China über die Industrieländer bis hin in jedes einzelne Entwicklungsland. Darüber hinaus gibt es keine Blaupause für diese Art von Krise. Auch wenn es zuvor schon eine Schweine-, eine Vogel- und diverse sonstige Grippe-Infektionen gegeben hat: Einen globalen Shutdown dieser Dimension hat es weder zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs noch während den verschiedenen Wellen der Spanischen Grippe von 1918 bis 1920 noch zu sonst einer Krise gegeben.
Gold als Flucht-Anlage?
Was sollen die Marktteilnehmer also tun? Sollen sie etwa in Gold flüchten? Die Erwartung in solchen Krisenzeiten wäre gewesen, dass der Goldpreis nach oben schießt, denn Gold gilt als sicherer Hort in Krisenzeiten! Aber das tat der Goldpreis erst einmal nicht. Bis Mitte März verzeichnete auch er eine markante Zacke nach unten, aber erholte sich dann wieder, um Anfang Mai über den Preis von Mitte Februar hinauszuschießen.
Was uns das zeigt? Es zeigt uns, dass es zwar viele Börsen-Weisheiten gibt, wie zum Beispiel: „Fallen die Aktien, steigt der Goldpreis“ – aber sie gelten nicht immer. Es zeigt uns noch etwas: Fast nie bewegen sich alle Anlageklassen genau gleich. Das ist der Grund, weshalb es ratsam ist, sein Vermögen auf viele Anlageklassen wie Aktien, Zinspapiere, Gold, Immobilien usw. zu verteilen. Läuft eins nicht, geht es womöglich bei der anderen Position besser.
Wann wird die Krise vorüber sein?
Fondsanleger fragen sich, was sie jetzt mit ihren Investments tun sollen. Ein Panik-Verkauf, wenn die Kurse fallen, ist meistens keine gute Idee, weil man im Regelfall zu spät die Reißleine zieht, also relativ nahe am Tiefpunkt verkauft.
Während der aktuellen Corona-Krise hatte es eine Zwischenerholung gegeben, als die Politiker landauf landab großzügige Hilfspakete ankündigten. Es ist aber die Frage, ob es nicht zu einem erneuten Einbruch kommt, wenn die Unternehmen ihre katastrophalen Geschäftszahlen veröffentlichen. Zwar ist den Börsenteilnehmern bewusst, dass es nicht gut aussieht, aber wie hoch die Verluste im Einzelnen sind, ist schwer auszumachen.
Wer also unbedingt eine Cash-Position aufbauen muss, sollte die Zwischenerholung nutzen, um die notwendige Liquidität zu schaffen. Hierzu werden viele Selbstständige, insbesondere aus der Gastronomie und dem Touristik-Bereich, gehören.
Viele Menschen haben hingegen nicht gar so dramatische finanzielle Einbußen aufgrund der Corona-Krise zu befürchten. Dazu zählen insbesondere Rentner, Beamte oder auch Angestellte im öffentlichen Dienst und in den „systemrelevanten“ Bereichen.
Wer von dieser Personengruppe nicht aus anderem Grund Liquidität schaffen muss, sollte die Krise als günstigen Einstieg nutzen, allerdings mit langfristiger Perspektive. Immerhin kann man jetzt deutlich günstiger einsteigen als noch Anfang Februar. Auf der anderen Seite ist nicht klar, wie lange die Erholung auf sich warten lässt.
Schließlich hat niemand Erfahrung damit, wie die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit aussehen wird, wenn der globale Lockdown für beendet erklärt wird. Es ist ja nicht nur eine Sache der Wiederaufnahme der Produktion (Wie schnell geht es, bis die Lieferketten wieder reibungslos funktionieren? Wie liquide sind alle Handelspartner? Existieren sie überhaupt noch?), sondern auch eine Sache der Nachfrage. Da die meisten Teilnehmer am wirtschaftlichen Leben zwar nicht durch die Krankheit selbst, wohl aber durch die Corona-Maßnahmen Einschränkungen und Einbußen hinnehmen mussten, werden sie vermutlich nach den Lockerungen nicht als erstes in einen Konsumrausch fallen. Denkbar ist, dass zumindest größere Konsumausgaben, wie ein neues Auto, eine neue Küche, etc. hintenangestellt werden. Und wie es mit kleineren Konsumausgaben (neue Kleidung, Technik, etc.) aussieht, muss sich zeigen. Hier ist gut vorstellbar, dass diese Ausgaben eine Weile lang zumindest gedämpft ausfallen werden. Das gilt in diesem Fall nicht nur für Deutschland oder Europa, sondern aufgrund der Pandemie-Situation weltweit. Insofern können fehlende Konsumausgaben hierzulande nicht einfach mit höheren Ausgaben im Ausland (z. B. in Asien) kompensiert werden.
Bisher gab es nach jeder Krise eine Erholung
Sicher ist: Es wird ein Leben nach Covid-19 geben. Man kann fest davon ausgehen, dass wir früher oder später neue Höchstkurse an den Börsen sehen werden, so wie dies seit über 100 Jahren nach jeder Krise geschah. Die Frage ist nur: Wie lange wird es brauchen, bis die Corona-Krise an den Börsen wieder aufgeholt wird? Werden wir eine V-förmige Entwicklung oder eher ein U oder gar ein lang gestrecktes L, wie zum Beispiel in Japan, sehen?
In den vergangenen Börsenkrisen konnten sich die Börsen mal sehr schnell (z. B. nach der Finanzkrise 2008), mal mittelschnell (drei Jahre nach dem Platzen der Dot-Com-Blase) und mal sehr langsam (nach den Ölkrisen in den 1970er-Jahren) erholen.
Konsequenterweise kann man Investments in breit anlegende Fonds (z. B. weltweit, europaweit, Emerging Markets) jetzt sukzessive und ganz in Ruhe aufbauen, da es immer wieder Rücksetzer an der Börse geben wird.
Laufende Sparpläne sollten also weiter bespart werden, vielleicht kann sich der eine oder andere Mutige auch für darüber hinaus gehende Zukäufe entscheiden. Dies kann am besten in drei oder vier Einzelschritten erfolgen – über das Kalenderjahr 2020 verteilt. Einfach bei jedem spürbaren Rückgang noch einmal nachkaufen.
Welche Branchen könnten jetzt gut laufen?
Wenn die Krise vorüber ist, wird die Welt vermutlich ein wenig anders aussehen als vorher. Da es sowohl Verlierer als auch Gewinner der Krise geben wird, stellt sich die Frage, welche Branchen Schwierigkeiten haben werden (z. B. steht das Geschäftsmodell von Kreuzfahrt-Gesellschaften jetzt eher zur Debatte) und in welchen Branchen sich das Wachstum der vergangenen Jahre fortsetzen oder sogar noch beschleunigen wird. „Viele Umsätze, die einen Beitrag zum Bruttosozialprodukt leisten, sind unwiederbringlich weggefallen (Restaurants, Cafés, Fitness-Clubs, Tourismus, usw.). Andererseits gibt es Marktbereiche, wo jetzt Nachholbedarf besteht und die Umsätze lediglich aufgeschoben sind, also nachgeholt werden können (Infrastruktur, EDV, usw.). Daneben wird es Branchen geben, die zusätzliches Wachstum vermelden können (Software für Homeoffice-Anwendungen, IT-Sicherheit, etc.)“, schreibt Fondsmanager Heinrich Morgen, der den Fonds „morgen Aktien Global UI“ steuert. Er setzt auf Unternehmen aus den Bereichen Digitalisierung, Gesundheit und Umwelt/Klimaschutz, und das klingt nachvollziehbar. Wie es hingegen mit der Autobranche weitergehen wird, muss sich erst zeigen.
Fondspositionen, die sich auf die genannten zukunftsweisenden Branchen konzentrieren, sollte man jetzt aufbauen bzw. aufstocken. Das lässt sich entweder durch entsprechende Branchen-ETFs oder durch aktiv gemanagte Fonds tun. ETFs sind kostengünstiger, dafür fallen bei aktiv gemanagten Fonds im Regelfall die Abwärtsbewegungen gedämpfter aus als bei ETFs. Wichtig ist: Nur wer im Markt drin ist, kann von einer Aufwärtsbewegung profitieren.
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Über die Autorin:
Anke Dembowski ist Volks- und Betriebswirtin. Sie eröffnete 1989 den ersten Fonds-Shop in Deutschland. Das Geschäft ist ihr seither bestens vertraut – als Finanzjournalistin, als Privatkundenberaterin und als Unternehmensberaterin für Investmentgesellschaften sowie als Dozentin.