Grundlagen – SGB XI: Soziale 3ʴ HJHYHUVLFKHUXQJ Thomas Knoche 7H[WDXVJDEH PLW SUD[LVRULHQWLHUWHU (LQI¾KUXQJ § DNWXDOLVLHUWH $Xʴ DJH 9HUEHVVHUXQJHQ GXUFK GDV 3IOHJHXQWHUVW¾W]XQJV XQG HQWODVWXQJVJHVHW] 38(*
www.WALHALLA.de ISBN 978-3-8029-7348-2 € 14,95 [D] • AKTUELL • PRAXISGERECHT • VERSTÄNDLICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS 5HFKWVJUXQGODJHQ NHQQHQ YHUVWHKHQ XQG anwenden! Diese Arbeitshilfe enthält den aktuellen Gesetzestext des Elften Buches SozialgesetzEXFK 6*% ;, VRZLH EHJOHLWHQGHU *HVHW]H ]X 3ʴ HJH]HLW XQG )DPLOLHQSʴ HJH]HLW 'LH (LQI¾KUXQJ JLEW EHUEOLFN ¾EHU GLH 5HFKWVPDWHULH 6LH HUO¦XWHUW GHQ *HVHW]HVDXI EDX GLH OHLVWXQJVUHFKWOLFKHQ $QVSU¾FKH EHL 3ʴ HJHEHG¾UIWLJNHLW VRZLH GDV 9HUIDKUHQ ]XU )HVWVWHOOXQJ GHU 3ʴ HJHEHG¾UIWLJNHLW • Versicherter Personenkreis • 3ʴ HJHEHG¾UIWLJNHLWVEHJULII • (LQRUGQXQJ LQ 3ʴ HJHJUDGH • +¦XVOLFKH XQG VWDWLRQ¦UH 3ʴ HJH • 3ʴ HJHKLOIVPLWWHO XQG WHFKQLVFKH +LOIHQ Ideal geeignet, um sich in das Rechtsgebiet einzuarbeiten, für Aus- und Fortbildungen VRZLH ]XP VFKQHOOHQ 1DFKVFKODJHQ LQ GHU 3UD[LV Thomas Knoche, 'LSORP 6R]LDOS¦GDJRJH LQ GHU %HKLQGHUWHQKLOIH )DFKDXWRU YRQ )2.86 6R]LDOUHFKW
Vorwort Die Pflegebedürftigkeit von Menschen jeden Alters wird immer mehr zur Herausforderung in Deutschland. Deshalb trat Anfang 1995 die beitragsfinanzierte Pflegeversicherung als jüngster Zweig der Sozialversicherung in Kraft. Ihr Ziel ist es, dem Pflegebedürftigen die Führung eines selbstbestimmten, menschenwürdigen Lebens vorrangig inseinemhäuslichen Umfeld zu ermöglichen. Seitdem hat die Pflegeversicherung maßgeblich zu einer Verbesserung der Versorgung pflegebedürftiger Menschen und zur Unterstützung pflegender Angehöriger beigetragen. Pflegebedürftigen und ihren Familien hilft sie, die finanziellen Aufwendungen und Belastungen zu tragen, die mit der Krankheit oder der Behinderung einhergehen. Pflegebedürftigkeit betrifft alle Bevölkerungsgruppen. Sie kann plötzlich, etwa durch einen Unfall, oder schleichend, z. B. als Krankheitsfolge, eintreten. Auch Menschen mit Behinderungen haben oft Anspruch auf Leistungen aufgrund von Pflegebedürftigkeit. In Deutschland gibt es derzeit rund fünf Millionen Menschen, die von Pflegebedürftigkeit betroffen sind. Die Tendenz ist steigend. Mit dieser demografischen Entwicklung erreicht das Thema „Pflege“ sowohl auf der individuellen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene einen immer höheren Stellenwert. Um diese Herausforderungen zu meistern, wurde die Pflegeversicherung in den letzten Jahren stufenweise reformiert, zuletzt durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG), das zahlreiche Verbesserungen bringt, u. a. zum 01.01.2024 Leistungserhöhungen und Verbesserungen bei der Verhinderungspflege bei Pflegebedürftigen unter 25 Jahren aufgrund eines Gemeinsamen Jahresbetrags. Soweit Verbesserungen Mitte 2024 bzw. Mitte 2025 in Kraft treten, wird darauf bereits verwiesen. Die vorliegende Einführung (Kapitel 1 bis 4) erläutert die Grundlagen der sozialen Pflegeversicherung auf aktuellem Rechtsstand. In Kapitel 5 steht der Wortlaut des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) zum Nachlesen der gesetzlichen Grundlagen zur Verfügung. Thomas Knoche www.WALHALLA.de 7
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen Mitgliedschaft Die soziale Pflegeversicherung leistet nur an Mitglieder der Versicherung. Grundsätzlich ist jeder, der Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, auch Mitglied in der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 1 Abs. 2 SGB XI). Die gilt sowohl für Pflichtversicherte (siehe Katalog in §20 SGB XI) als auch für freiwillig Versicherte. Wie in den anderen Sparten der Sozialversicherung gilt das Prinzip der Familienversicherung. So sind Ehegatten und Kinder von Versicherten in der Pflegeversicherung mitversichert. Für die Mitversicherung der Kinder gelten Einkommens- und Altersgrenzen (§25 Abs. 2 SGB XI). Personen, die aufgrund ihrer Lebens-, Einkommens- oder Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr zum Personenkreis der Pflicht- oder Familienversicherten zählen, können die Weiterversicherung in der Pflegeversicherung beantragen (§26 SGB XI). Bei Beziehern von Sozialleistungen (Bürgergeld, Sozialhilfe) zahlt der Träger (Jobcenter, Sozialamt) die Beiträge zur gesetzlichen Krankenund Pflegeversicherung; Privatversicherte erhalten einen Zuschuss. Endet die Mitgliedschaft durch Tod, erlöschen Ansprüche auf Kostenerstattung nicht, wenn sie innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tod des Berechtigten geltend gemacht werden (§35 SGB XI). Das gilt insbesondere bei Kurzzeitpflege, bei Angeboten zur Unterstützung im Alltag, beim Entlastungsbetrag und bei Pflegehilfsmittel. Hier geht der Berechtigte in der Regel in Vorleistung und erhält nachfolgend bei Vorlage der Rechnungsbelege von der Pflegeversicherung eine Erstattung der Kosten. Vorversicherungszeit Für den Bezug von Leistungen aus der Pflegeversicherung ist eine bestimmte Vorversicherungszeit erforderlich (§ 33 Abs. 2 SGB XI). Anspruch auf Leistungen besteht, wenn der Versicherte in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung mindestens zwei Jahre als Mitglied versichert oder familienversichert war. Zeiten der Weiterversicherung während eines Auslandsaufenthalts (§ 26 Abs. 2 SGB XI) werden bei der Ermittlung der erforderlichen Vorversicherungszeit mitberücksichtigt. Für versicherte Kinder gilt die Vorversicherungszeit als erfüllt, wenn ein Elternteil sie erfüllt. 1 10 www.WALHALLA.de
Beitragsfinanzierung Die Pflegeversicherung ist beitragsfinanziert (§ 55 SGB XI). Der Beitragssatz liegt seit dem 01.07.2023 grundsätzlich bei 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens. Eine Ausnahme gibt es bei kinderlosen Versicherten: Sie müssen – alleine – einen Zuschlag leisten. Dieser Beitragszuschlag fu¨r Kinderlose beläuft sich seit dem 01.07.2023 auf 0,6 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen. Eine weitere Ausnahme gilt für Versicherte mit mehr als einem Kind, denn seit 01.07.2023 gelten für Eltern unterschiedliche Beitragssätze in der Pflegeversicherung, je nachdem, wie viele Kinder sie haben. Ab dem zweiten Kind unter 25 Jahren gilt nun je Kind ein Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten. Dies gilt bis zum fünften Kind. Ab dem fünften Kind bleibt es bei einer Entlastung in Höhe eines Abschlags von insgesamt bis zu 1,0 Beitragssatzpunkten. Der Abschlag gilt bis zum Ablauf des Monats, in dem das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat. Der Arbeitgeberanteil beträgt unabhängig von der Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder stets 1,7 Prozent. Diese paritätische Beitragsfinanzierung gilt (fast) im ganzen Bundesgebiet – mit Ausnahme des Freistaates Sachsen: Dort muss der Arbeitgeber stets nur 1,2 Prozent des Pflegeversicherungsbeitrags übernehmen; sächsische Arbeitnehmer müssen also einen höheren Arbeitnehmerbeitrag zahlen. Hintergrund dieser Sonderregelung ist, dass 1995 zur Finanzierung der neu geschaffenen Pflegeversicherung ein gesetzlicher Feiertag (Buß- und Bettag) gestrichen wurde – außer eben in Sachsen. Dies wird nun nach wie vor durch einen höheren Beitrag kompensiert (vgl. §58 Abs. 3 SGB XI). Es gelten somit seit dem 01.07.2023 folgende Beitragssätze: & Mitglieder ohne Kinder = 4,00 % (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3 %) & Mitglieder mit 1 Kind = 3,40 % (Arbeitnehmer-Anteil: 1,7 %) & Mitglieder mit 2 Kindern = 3,15 % (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45 %) & Mitglieder mit 3 Kindern = 2,90 % (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2 %) & Mitglieder mit 4 Kindern = 2,65 % (Arbeitnehmer-Anteil: 0,95 %) & Mitglieder ab 5 Kindern = 2,40 % (Arbeitnehmer-Anteil: 0,7 %) Versicherungsrechtliche Voraussetzungen 1 www.WALHALLA.de 11
Teilleistungssystem Die Pflegeversicherung ist als ein sogenanntes Teilleistungssystem konzipiert, was zur Begrenzung der Versicherungsleistungen auf gesetzlich festgesetzte Höchstbeträge führt. Ein darüber hinausgehender Bedarf an Pflegeleistungen muss aus eigenem Einkommen oder Vermögen finanziert werden; ist dies nicht möglich, werden notwendige Leistungen durch die Sozialhilfe im Rahmen der Hilfe zur Pflege sichergestellt. Wichtig: Das Sozialamt prüft, ob es unterhaltspflichtige Dritte, meist die Kinder, gibt. Ist das der Fall, fordert sie die Aufwendungen zurück. Mit dem Angehörigenentlastungsgesetz wurde Anfang 2020 fürUnterhaltspflichtige eine entscheidende Verbesserung eingeführt: Auf ihr Einkommen wird seitdem erst ab einem Jahresbetrag von mehr als 100.000 Euro zurückgegriffen. Antragspflicht, Beratungsanspruch Leistungen der Pflegeversicherung werden nur auf Antrag gewährt! Die Pflegeversicherung wird also nicht automatisch auf den Versicherten zukommen. Unverzüglich nach Eingang eines Antrags auf Leistungen sind die Pflegekassen verpflichtet, den Pflegebedürftigen kostenlos zu informieren, insbesondereüber: & die unentgeltliche Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) & dienächstgelegenen Pflegestützpunkte (§7c SGB XI) & die Leistungs- und Preisvergleichslisten der zugelassenen Pflegeeinrichtungen und Dienstleister für niedrigschwellige Betreuungsund Entlastungsleistungen (diese Listen müssen auf Anforderung zugesandt werden, bei vielen Kassen sind diese auch auf der Homepage abrufbar) Neben dieser Informationspflicht besteht auch ein Beratungsanspruch des Versicherten, wenn er erstmals einen Antrag stellt, aber auchbei späteren Folgeanträgen. Gleiches gilt, wenn der Versicherte gegenüber der Pflegekasse den Bedarf einer Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit erklärt (§ 7b SGB XI). Dem Pflegebedürftigen ist in diesen Fällen ein Angebot auf eine Beratung innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung zu machen. Dazu kann die Pflegekasse einen konkreten Beratungstermin und Pflegebedürftigkeit und Leistungsübersicht 1 12 www.WALHALLA.de
eine Kontaktperson benennen oder einen Beratungsgutschein für eine Beratungsstelle ausstellen. Auf Wunsch des Pflegebedürftigen darf der Termin zur Beratung aber auch außerhalb der Zweiwochenfrist liegen und/oder in der häuslichen Umgebung des Versicherten stattfinden. Auch über diese Optionen muss die Pflegekasse informieren. Mitwirkungspflichten Der Pflegebedürftige, der Leistungen der Pflegeversicherung beantragt hat oder bereits erhält, muss – wie im Sozialleistungsrecht üblich – mitwirken. Er muss also dazu beitragen, dass der Antrag bearbeitet werden kann bzw. dass nur Leistungen gewährt werden, die ihm in der jeweiligen Lebenssituation zustehen. Die Mitwirkungspflichten sind – übergreifend für alle Sozialleistungen – im Ersten Buch Sozialgesetzbuch (SGB I; dort in den §§ 60 ff.) geregelt, insbesondere: & Angabe aller leistungserheblichen Tatsachen (z. B. Beispiel Name, Alter, Pflegegrad, Bezug anderer Sozialleistungen) & Änderungen in den Verhältnissen, die für den Bezug der Leistung erheblich sind (z. B. gesundheitliche Verbesserungen) & Benennung und – wenn gewünscht – Vorlage von Beweismitteln (z. B. Gutachten) & Persönliches Erscheinen auf Verlangen der Pflegekasse & Untersuchungspflicht & Unterziehung einer Heilbehandlung Kommt der Versicherte den Mitwirkungspflichten nicht oder nicht vollständig nach, kann die Pflegekasse die Leistung bis zur Nachholung ganz oder teilweise versagen oder entziehen (vgl. §66 SGB I). Über diese Folgen muss die Kasse den Versicherten schriftlich informieren und ihm für die Nachholung seiner Mitwirkungspflicht eine angemessene Frist setzen. Die Mitwirkungspflicht ist nicht grenzenlos, sie muss sich im Rahmen des Verhältnismäßigen halten. Die Grenzen zeigt §65 SGB I auf. Danach muss die Mitwirkungspflicht nicht erfüllt werden, wenn & sie in keinem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Pflegeversicherungsleistung steht, der finanzielle und zeitVersicherungsrechtliche Voraussetzungen 1 www.WALHALLA.de 13
liche Aufwand für den Pflegebedürftigen also höher ist als der Nutzen der Leistung; & ihreErfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen (körperlichen, seelischen, geistigen, familiären oder sozialen) Grund nicht zugemutet werden kann; & die Pflegekasse sich mit einem geringeren Aufwand als der Pflegebedürftige die erforderliche Kenntnis beschaffen kann; & bei Untersuchungen oder einer Behandlung ein Schaden für das Leben oder die Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann oder für den Versicherten mit erheblichen Schmerzen verbunden ist. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff Als pflegebedürftig werden in §14 SGB XI Personen definiert, die aufgrund gesundheitlich bedingter Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit oder ihrer Fähigkeiten nach Maßgabe der im SGB XI abschließend festgelegten Bereiche (sog. Module) und deren Kriterien der Hilfe durch andere bedürfen. Der Hilfebedarf muss auf den in den Kriterien beschriebenen, gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten beruhen. Andere Ursachen für einen Hilfebedarf bleiben außer Betracht. Die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten werden personenbezogen und unabhängig vom jeweiligen (Wohn-)Umfeld in einem Begutachtungstermin (siehe unten „Feststellung der Pflegebedürftigkeit“) ermittelt. Pflegebedürftigkeit wird dannüber die gesetzliche Versicherung abgesichert, wenn sie längerfristig und nicht nur gelegentlich besteht. Eine zeitliche Untergrenze bilden Beeinträchtigungen, die voraussichtlich für mindestens sechs Monate vorliegen. Wichtig: Die Entscheidungüber das Bestehen einer voraussichtlichen längerfristigen Pflegebedürftigkeit kann bereits vor Ablauf von sechs Monaten getroffen werden. Voraussetzung ist, dass die Dauerhaftigkeit vorhersehbar ist. Dauerhaftigkeit ist auch dann gegeben, wenn die verbleibende Lebensspanne möglicherweise weniger als sechs Monate beträgt. Ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, prüft ein Gutachter. Dieser wird von der Pflegekasse beauftragt, sobald dort vom Versicherten LeisPflegebedürftigkeit und Leistungsübersicht 1 14 www.WALHALLA.de
tungen der Pflegeversicherung beantragt wurden. Bei gesetzlich Versicherten wird der Medizinische Dienst (bis 2021 als „MDK“ bekannt) beauftragt, bei Privatversicherten die Firma Medicproof. Ergibt die Prüfung des Gutachters, dass Defizite in der Selbstständigkeit bzw. in den Fähigkeiten vorliegen, stellt er zusätzlich fest, in welchemMaße diese beeinträchtigt sind. Nach einem festen Prüf-und Punktesystem (dem Begutachtungsinstrument NBI) ermittelt er den Pflegegrad. Dieser Pflegegrad wiederum entscheidet darüber, welche Leistungen bzw. in welcher Höhe Leistungen bewilligt werden. Zur Ermittlung der Pflegebedürftigkeit und des Pflegegrades werden die in §14 Abs. 2 SGB XI aufgelisteten sechs Bereiche (sog. Module) näher betrachtet: 1. Mobilität Zu bewertende Kriterien innerhalb dieses Moduls: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen 2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Zu bewertende Kriterien innerhalb dieses Moduls: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch 3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Zu bewertende Kriterien innerhalb dieses Moduls: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch 4. Selbstversorgung Zu bewertende Kriterien innerhalb dieses Moduls: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Der Pflegebedgrftigkeitsbegriff 1 www.WALHALLA.de 15
Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und EingießenvonGetränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parental oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen 5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheitsoder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen Zu bewertende Kriterien innerhalb dieses Moduls: a) Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel b) Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen inhäuslicher Umgebung c) zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie d) das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften 6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte Zu bewertende Kriterien innerhalb dieses Moduls: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds Pflegebedürftigkeit und Leistungsübersicht 1 16 www.WALHALLA.de
Die fünf Pflegegrade Ausschlaggebend für die Einstufung in den jeweiligen Pflegegrad (PG) ist die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten. Pflegegrad (PG) Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten PG1 Geringe PG2 Erhebliche PG3 Schwere PG4 Schwerste PG5 Schwerste mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung Bei der Ermittlung des Pflegegrades wird der Grad der Selbstständigkeit bzw. der Fähigkeiten in den sechs oben genannten Lebensbereichen (Modulen) ermittelt. Der Gutachter prüft dabei das Ausmaßder Einschränkung in diesen Bereichen (Modulen) und nimmt eine Gesamtbewertung vor. Dann erfolgt die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade. Die in §14 SGB XI festgelegten Lebensbereiche (Module) korrespondieren also mit der Festlegung der Pflegegrade; diese wird anhand der in §15 SGB XI und seiner Anlagen 1 und 2 festgelegten Vorgaben vorgenommen: & Schritt 1: Zuordnung von Einzelpunkten in den Modulen 1 bis 6 nachder Anlage1zu §15 SGB XI & Schritt2: Zusammenrechnen der Einzelpunkte und Gewichtung der Gesamtpunkte im jeweiligen Modul gemäß der Anlage 2 zu §15 SGB XI sowie Zusammenrechnen der gewichteten Punkte Modul Modulinhalt Gewichtung Modul 1 Mobilität 10% Module 2 und 3 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Probleme 15% Modul 4 Selbstversorgung 40% Die fgnf Pflegegrade 1 www.WALHALLA.de 17
Modul Modulinhalt Gewichtung Modul 5 Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen 20% Modul 6 Gestaltung des Alltagslebens, soziale Kontakte 15% & Schritt 3: Das Gesamtergebnis der gewichteten Punkte wird dem jeweiligen Pflegegrad nach §15 Abs. 3 SGB XI zugeordnet. PG Einstufung der Beeinträchtigung Gesamtpunkte PG 1 geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ab 12,5 bis unter 27 PG 2 erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ab 27 bis unter 47,5 PG 3 schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ab 47,5 bis unter 70 PG 4 schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ab 70 bis unter 90 PG 5 schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung ab 90 bis 100 Diese Schritte sind gesetzlich vorgegeben, der Spitzenverband Bund der Pflegekassen hat zudem in „Richtlinien zum Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien – BRi)“ genau definiert, was unter den einzelnen Kritierien je Modul zu verstehen ist und wie diese nach der Einteilung „selbstständig“, „überwiegend selbstständig“,„überwiegend unselbstständig“ und „unselbstständig“ bzw.„Fähigkeit vorhanden/unbeeinträchtigt“, „Fähigkeitgrößtenteils vorhanden“, „Fähigkeit in geringem Maße vorhanden“, „Fähigkeit nicht vorhanden“ (vgl. Anlage 1 zu §15 SGB XI) zu bewerten sind. Pflegebedürftigkeit und Leistungsübersicht 1 18 www.WALHALLA.de
Anlage 1 (zu § 15) Einzelpunkte der Module 1 bis 6; Bildung der Summe der Einzelpunkte in jedem Modul Modul 1: Einzelpunkte im Bereich der Mobilität Das Modul umfasst fünf Kriterien, deren Ausprägungen in den folgenden Kategorien mit den nachstehenden Einzelpunkten gewertet werden: Ziffer Kriterien selbständig überwiegend selbständig überwiegend unselbständig unselbständig 1.1 Positionswechsel im Bett 0 1 2 3 1.2 Halten einer stabilen Sitzposition 0 1 2 3 1.3 Umsetzen 0 1 2 3 1.4 Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs 0 1 2 3 1.5 Treppensteigen 0 1 2 3 Modul 2: Einzelpunkte im Bereich der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten Das Modul umfasst elf Kriterien, deren Ausprägungen in den folgenden Kategorien mit den nachstehenden Einzelpunkten gewertet werden: Ziffer Kriterien Fähigkeit vorhanden/ unbeeinträchtigt Fähigkeit größtenteils vorhanden Fähigkeit in geringem Maße vorhanden Fähigkeit nicht vorhanden 2.1 Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld 0 1 2 3 2.2 Örtliche Orientierung 0 1 2 3 2.3 Zeitliche Orientierung 0 1 2 3 2.4 Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen 0 1 2 3 2.5 Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen 0 1 2 3 2.6 Treffen von Entscheidungen im Alltag 0 1 2 3 2.7 Verstehen von Sachverhalten und Informationen 0 1 2 3 2.8 Erkennen von Risiken und Gefahren 0 1 2 3 2.9 Mitteilen von elementaren Bedürfnissen 0 1 2 3 2.10 Verstehen von Aufforderungen 0 1 2 3 2.11 Beteiligen an einem Gespräch 0 1 2 3 5 SGBXI Anlage 1 5 194 www.WALHALLA.de
Modul 3: Einzelpunkte im Bereich der Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Das Modul umfasst dreizehn Kriterien, deren Häufigkeit des Auftretens in den folgenden Kategorien mit den nachstehenden Einzelpunkten gewertet wird: Ziffer Kriterien nie oder selten selten (ein- bis dreimal innerhalb von zwei Wochen) häufig (zweimal bis mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich) täglich 3.1 Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten 0 1 3 5 3.2 Nächtliche Unruhe 0 1 3 5 3.3 Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten 0 1 3 5 3.4 Beschädigen von Gegenständen 0 1 3 5 3.5 Physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen 0 1 3 5 3.6 Verbale Aggression 0 1 3 5 3.7 Andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten 0 1 3 5 3.8 Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen 0 1 3 5 3.9 Wahnvorstellungen 0 1 3 5 3.10 Ängste 0 1 3 5 3.11 Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage 0 1 3 5 3.12 Sozial inadäquate Verhaltensweisen 0 1 3 5 3.13 Sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen 0 1 3 5 Modul 4: Einzelpunkte im Bereich der Selbstversorgung Das Modul umfasst dreizehn Kriterien: Einzelpunkte für die Kriterien der Ziffern 4.1 bis 4.12 Die Ausprägungen der Kriterien 4.1 bis 4.12 werden in den folgenden Kategorien mit den nachstehenden Punkten gewertet: Ziffer Kriterien selbständig überwiegend selbständig überwiegend unselbständig unselbständig 4.1 Waschen des vorderen Oberkörpers 0 1 2 3 4.2 Körperpflege im Bereich des Kopfes (Kämmen, Zahnpflege/Prothesenreinigung, Rasieren) 0 1 2 3 4.3 Waschen des Intimbereichs 0 1 2 3 4.4 Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare 0 1 2 3 4.5 An- und Auskleiden des Oberkörpers 0 1 2 3 4.6 An- und Auskleiden des Unterkörpers 0 1 2 3 4.7 Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken 0 1 2 3 Anlage 1 SGBXI 5 5 www.WALHALLA.de 195
Ziffer Kriterien selbständig überwiegend selbständig überwiegend unselbständig unselbständig 4.8 Essen 0 3 6 9 4.9 Trinken 0 2 4 6 4.10 Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls 0 2 4 6 4.11 Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma 0 1 2 3 4.12 Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma 0 1 2 3 Die Ausprägungen des Kriteriums der Ziffer 4.8 sowie die Ausprägung der Kriterien der Ziffern 4.9 und 4.10 werden wegen ihrer besonderen Bedeutung für die pflegerische Versorgung stärker gewichtet. Die Einzelpunkte für die Kriterien der Ziffern 4.11 und 4.12 gehen in die Berechnung nur ein, wenn bei der Begutachtung beim Versicherten darüber hinaus die Feststellung „überwiegend inkontinent“ oder „vollständig inkontinent“ getroffen wird oder eine künstliche Ableitung von Stuhl oder Harn erfolgt. Einzelpunkte für das Kriterium der Ziffer 4.13 Die Ausprägungen des Kriteriums der Ziffer 4.13 werden in den folgenden Kategorien mit den nachstehenden Einzelpunkten gewertet: Ziffer Kriterium entfällt teilweise vollständig 4.13 Ernährung parental oder über Sonde 0 6 3 Das Kriterium ist mit „entfällt“ (0 Punkte) zu bewerten, wenn eine regelmäßige und tägliche parenterale Ernährung oder Sondenernährung auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, nicht erforderlich ist. Kann die parenterale Ernährung oder Sondenernährung ohne Hilfe durch andere selbständig durchgeführt werden, werden ebenfalls keine Punkte vergeben. Das Kriterium ist mit „teilweise“ (6 Punkte) zu bewerten, wenn eine parenterale Ernährung oder Sondenernährung zur Vermeidung von Mangelernährung mit Hilfe täglich und zusätzlich zur oralen Aufnahme von Nahrung oder Flüssigkeit erfolgt. Das Kriterium ist mit „vollständig“ (3 Punkte) zu bewerten, wenn die Aufnahme von Nahrung oder Flüssigkeit ausschließlich oder nahezu ausschließlich parenteral oder über eine Sonde erfolgt. Bei einer vollständigen parenteralen Ernährung oder Sondenernährung werden weniger Punkte vergeben als bei einer teilweisen parenteralen Ernährung oder Sondenernährung, da der oft hohe Aufwand zur Unterstützung bei der oralen Nahrungsaufnahme im Fall ausschließlich parenteraler oder Sondenernährung weitgehend entfällt. Einzelpunkte für das Kriterium der Ziffer 4.K Bei Kindern im Alter bis 18 Monate werden die Kriterien der Ziffern 4.1 bis 4.13 durch das Kriterium 4.K ersetzt und wie folgt gewertet: Ziffer Kriterium Einzelpunkte 4.K Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen 20 5 SGBXI Anlage 1 5 196 www.WALHALLA.de
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