Vereinsführung in der Praxis

Vereinsführung in der Praxis Markus Czenia Handbuch für eine erfolgreiche und rechtssichere Vereinsarbeit

ISBN 978-3-8029-4444-4 € 29,95 [D] • AKTUELL • PRAXISGERECHT • VERSTÄNDLICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS Basiswissen für die tägliche Vereinsarbeit Die Vereinsführung ist eine verantwortungsvolle und teilweise komplexe Aufgabe. Zum Handwerkszeug gehören Kenntnisse in verschiedenen Rechtsgebieten, um den Verein gemäß den gesetzlichen Vorgaben sicher führen zu können. Dieses Buch bietet einen kompakten und praxisbezogenen Einblick in die für die Vereinsarbeit relevanten Vorschriften. Behandelt werden Fragestellungen sowie die wichtigsten Grundlagen aus den Bereichen: • Gemeinnützigkeitsrecht • Arbeits- und Steuerrecht • Buchführung und Kassenprüfung • Spenden und Sponsoring • $XIVLFKWVSʴLFKW • +DIWXQJ XQG 6RUJIDOWVSʴLFKW • Datenschutz • Regelungen zum Vorstand • Mitgliederversammlung • $Xʴ¸VXQJ GHV 9HUHLQV Übungen unterstützen bei der praktischen Anwendung der Vorschriften, eine Mustersatzung hilft bei der Erstellung der eigenen Vereinssatzung. Damit wird dieser Ratgeber zum unverzichtbaren Begleiter in der täglichen Vereinsarbeit. Markus Czenia ist Dozent und Autor in den Rechtsgebieten Gemeinnützigkeitsrecht, Sport- und Waffenrecht. Unter anderem lehrt er an der Europäischen Sportakademie Land Brandenburg (ESAB), dem Kommunalen Bildungswerk KBW e.V. und der LSWB – Akademie des Landesverbands der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern e. V. Für verschiedene Landessportbünde ist er im Rahmen der Aus- und Fortbildung zum DOSB-Vereinsmanager tätig und Gastdozent an der Hochschule Magdeburg-Stendal. www.WALHALLA.de

Schnellübersicht 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Grundlagen der rechtssicheren Vereinsführung Abkürzungen 7 8 Gemeinnützigkeitsrecht 11 Vier Sphären 45 Buchführung 77 Kassenprüfung 93 Spenden 101 Sponsoring 115 Aufsichtspflicht 123 Haftung 135 Sorgfaltspflicht 157 Vorstand 165 Mitgliederversammlung 181

17 16 15 14 13 12 Arbeitsrecht 193 Vereinssatzung 225 Datenschutz 239 Auflösung des Vereins 263 Anhang 269 Stichwortverzeichnis 289

Grundlagen der rechtssicheren Vereinsführung 7 www.WALHALLA.de Grundlagen der rechtssicheren Vereinsführung Um einen Verein führen und rechtssichere Entscheidungen treffen zu können, benötigen Vorstände und andere im Verein in der Verantwortung stehende Personen Kompetenzen in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten. Um in diesem Wirrwarr an Vorschriften nicht den Überblick zu verlieren, fasst dieses Buch die in der Praxis relevanten Bereiche kompakt zusammen. Fragestellungen zur Gründung und Historie eines Vereins finden sich bewusst nicht in dieser Zusammenstellung. Vielmehr richtet sich dieses Buch an alle Praktiker und an der Vereinsarbeit Interessierte und beantwortet alle Fragen zu den am häufigsten aufkommenden Problemlagen. Grundlagen der Gemeinnützigkeit, Arbeitsrecht oder auch Haftungsfragen werden neben vielen anderen Themen ausführlich und verständlich erklärt. Im Sinne einer besseren Lesbarkeit wurde von mir nur die männliche Form gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung der anderen Geschlechter. Alle Geschlechter mögen sich gleichermaßen angesprochen fühlen. Markus Czenia

Gemeinnützigkeitsrecht 12 www.WALHALLA.de 1 1.1 Allgemeine Bestimmungen Gemeinnütziges Handeln ist eine am Gemeinwohl ausgerichtete Tätigkeit. Es geht demnach nicht primär darum, an wirtschaftlichen Prozessen der Märkte teilzunehmen. Gemeinnützige Organisationen finden sich überwiegend in der Rechtsform eingetragener Vereine. Bekannte Vertreter gemeinnütziger Körperschaften sind auch gGmbHs und Stiftungen. Auch der Verein ohne Rechtspersönlichkeit (nicht eingetragener Verein) im Sinne des § 54 BGB kann durch die Finanzverwaltung gemeinnützigkeitsrechtlich anerkannt werden, sofern die Satzung den Anforderungen der Abgabenordnung genügt. Der rechtliche Rahmen wird im Steuerrecht in der Abgabenordnung (AO) im dritten Abschnitt, steuerbegünstigte Zwecke, definiert (§§ 51–68 AO). Für Körperschaften ist die gemeinnützigkeitsrechtliche Anerkennung durch die Finanzverwaltung in der Regel von zentraler Bedeutung. Mit ihr gehen steuerliche Vorteile einher, die für das Wirken der Körperschaft relevant sind. Zudem besteht die Möglichkeit, Spenden zu empfangen, um die Finanzkraft zu stärken. Durch die Anerkennung ergeben sich Steuerbefreiungen insbesondere in folgenden Steuerarten: ▪▪ Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) ▪▪ Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) ▪▪ Erbschaftsteuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 16, § 17 ErbStG) ▪▪ Grundsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, § 6 GrStG) Steuerermäßigungen ergeben sich in der Vermögensverwaltung und in den Zweckbetrieben mit Blick auf die Umsatzsteuer. In diesen Bereichen kommt der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent zur Anwendung. 1.1.1 Körperschaften im Sinne des § 51 AO Unter Körperschaften im Sinne des § 51 Abs. 1 AO, die für Steuerbegünstigungen in Betracht kommen, sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes zu verstehen. Hierzu gehören auch juristische Personen des öffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher

1.2 Gemeinnützige Zwecke 13 www.WALHALLA.de 1 Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG). Die juristische Person als solche fällt nicht unter diese Regelung. Unterhält ein Verein unterschiedliche Abteilungen, sind diese lediglich funktionale Untergliederung und keine eigenen Steuersubjekte. 1.1.2 Extremistische Vereinigungen Eine Steuervergünstigung setzt zudem voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Über § 51 Abs. 3 Satz 2 AO ist eine Steuerbegünstigung auch bei den Körperschaften ausgeschlossen, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft werden.1 1.2 Gemeinnützige Zwecke Nicht alle Aktivitäten, die ein Verein entfalten möchte, sind mit den Regelungen der Abgabenordnung im Hinblick auf die angestrebte Steuerbegünstigung in Einklang zu bringen. 1.2.1 K atalog nach § 52 AO Die Förderung muss sich auf die Verwirklichung eines Zwecks aus der abschließenden Aufzählung in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1–26 AO beziehen. Der Beispielkatalog wurde 2007 in die Abgabenordnung aufgenommen. Er war zuvor in Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV enthalten.2 Die prominentesten Vertreter sind: ▪▪ Förderung von Wissenschaft und Forschung ▪▪ Förderung von Kunst und Kultur ▪▪ Förderung des Sports Der Katalog enthält insgesamt 26 Zwecke und ist gelegentlich dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. So kommen im Lauf der Zeit neue Zwecke hinzu. Im Jahr 2021 sind unter anderem der Klimaschutz und der Freifunk in den Katalog aufgenommen worden. 1 BFH, Urteil vom 11.04.2012, Az. I R 11/11 2 Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, 21.05.2015, Az. WD 4 – 3000 – 070/15

Gemeinnützigkeitsrecht 14 www.WALHALLA.de 1 1.2.2 Wohngemeinnützigkeit Das Bundeskabinett hat am 05.06.2024 den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG 2024) beschlossen. In diesem Zusammenhang soll der Zweckkatalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO um die Nummer 27 ergänzt werden. Mit der neuen Regelung wird die vergünstigte Vermietung von Wohnraum an hilfsbedürftige Personen nunmehr als ideelle Zweckverwirklichung in der Abgabenordnung festgeschrieben. Vermietet eine steuerbegünstigte Körperschaft Wohnraum nicht vergünstigt oder an nicht begünstigte Personen, wird die Vermietung nicht mehr als ideelle Zweckverwirklichung angesehen. Diese Tätigkeit ist als steuerfreie Vermögensverwaltung einzuordnen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll bezahlbares Wohnen für Personen mit geringem Einkommen durch steuerbegünstigte Körperschaften ermöglicht werden. Eine starre Grenze, um wie viel sich die Miete von der marktüblichen Miete unterscheiden muss, wird nicht gesetzlich festgelegt. Es wird jedoch verlangt, dass die Unterscheidung dauerhaft bestehen muss. Um die Entwicklung steigender Mieten im Vergleich zum Einkommen in Zusammenhang mit der aktuell bestehenden Wohnungsnot angemessen abbilden zu können, werden die Grenzen für die Ermittlung der Einkommensgrenzen im Vergleich zu § 53 Satz 1 Nr. 2 AO durch Erhöhung der Multiplikatoren angepasst. Die Neuregelung sieht in Satz 3 vor, dass die Voraussetzungen der Hilfsbedürftigkeit nur zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses nachgewiesen werden müssen. Kommt es zu einem Mieterwechsel, müssen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 AO wieder erfüllt sein. Mit Blick auf den Abbau von Bürokratie soll mit dieser Regelung der administrative Aufwand reduziert werden. Somit müssen die Körperschaft und die Finanzverwaltung nicht regelmäßig die Voraussetzungen der Hilfsbedürftigkeit überprüfen.3 3 BMF, Entwurf eines Jahressteuergesetzes (Jahressteuergesetz 2024 – JStG 2024)

1.3 Förderung der Allgemeinheit 15 www.WALHALLA.de 1 1.2.3 Öffnungsklausel Für das für den Verein zuständige Finanzamt besteht keine Möglichkeit, andere als die im Katalog enthaltenen Zwecke anzuerkennen. Eine Öffnungsklausel bietet lediglich § 53 Abs. 2 Satz 2, 3 AO. Demnach fallen Ergänzungen in die Zuständigkeit der oberen Finanzbehörden. 1.2.4 Anforderungen an die Geschäftsführung Um als Körperschaft von der Finanzverwaltung als gemeinnützig anerkannt zu werden, sind die Vorgaben der §§ 51–68 AO einzuhalten. Die Vorschriften regeln detailliert, welche Bedingungen vom Verein zu erfüllen sind, um die Anerkennung zu erhalten. Die tatsächliche Geschäftsführung in einem gemeinnützigen Verein muss demnach den folgenden Grundsätzen entsprechen: ▪▪ Förderung der Allgemeinheit ▪▪ Selbstlosigkeit ▪▪ Ausschließlichkeit ▪▪ Unmittelbarkeit In § 63 AO wird weiterhin bestimmt, dass zur tatsächlichen Geschäftsführung insbesondere die ordnungsgemäße Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben, die Einhaltung der Anforderung an die Satzung und vor allem die zeitnahe Verwendung der Mittel für satzungsgemäße Zwecke gehört. Zu den Details wird auf Kapitel 3 und 9 verwiesen. 1.3 Förderung der Allgemeinheit Die Förderung der Allgemeinheit erklärt sich bereits aus dem Begriff heraus. Demnach ist es mit den Grundsätzen der Abgabenordnung nicht vereinbar, wenn der Personenkreis der Körperschaft von vornrein abgeschlossen bzw. erheblich eingeschränkt ist. 1.3.1 Definition gemäß BFH Gemäß Beschluss vom BFH ist von einer Förderung der Allgemeinheit immer dann auszugehen, wenn im Grundsatz jedermann freien

Gemeinnützigkeitsrecht 16 www.WALHALLA.de 1 Zutritt zur Körperschaft hat und die Mitglieder sich so zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen.4 Bei dem Tatbestandsmerkmal einer Förderung der „Allgemeinheit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Gehalt wesentlich geprägt wird durch die objektive Werteordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog der Art. 1–99 GG zum Ausdruck kommt.5 1.3.2 Schädliche Eingrenzungen Stellen wir uns einmal ein Großunternehmen mit 15.000 Mitarbeitern vor. Die Geschäftsleitung beschließt, einen Verein für den Betriebssport zu gründen, und möchte diesen beim Finanzamt als gemeinnützigen Verein anerkennen lassen. In der Satzung findet sich ein Passus, dass ausschließlich Angehörige des Unternehmens Mitglieder im Verein werden können. Unabhängig von der Unternehmensgröße wird durch die Satzung bereits eine starke Einschränkung bezüglich der Mitgliedschaft getroffen. Somit kann nicht mehr von einer Förderung der Allgemeinheit gesprochen werden. Gleiches gilt für eine Körperschaft, die Kinderbetreuungseinrichtungen betreibt, und bei der Belegung der Plätze der Belegungspräferenz ihrer Vertragspartner Vorrang einräumt. Insbesondere wird hierdurch das Interesse der Allgemeinheit an Kinderbetreuungsplätzen durch das vorrangige Interesse der Vertragspartner, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen, verdrängt.6 Eine schädliche Eingrenzung liegt auch dann vor, wenn ein Verein die Mitgliedschaft an das Geschlecht knüpft und für die Ungleichbehandlung keine zwingenden sachlichen Gründe anführen kann (BFH, a. a. O). An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach Art. 3 Abs. 3 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind.7 4 BFH, Urteil vom 23.07.2003, Az. I R 41/03, BStBl. II 2005, S. 443 5 BFH, Urteil vom 17.05.2017, Az. V R 52/15 6 BFH, Urteil vom 01.02.2022, Az. V R 1/20 7 BVerfG, Beschluss vom 10.07.2012, Az. 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11, BVerfG 132, 72–99

1.3 Förderung der Allgemeinheit 17 www.WALHALLA.de 1 1.3.3 Beitragssätze Werden die gesetzlich festgelegten Höchstbeträge für Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren überschritten, kann nicht mehr von einer Förderung der Allgemeinheit ausgegangen werden. Über zu hohe Beträge würden finanziell schlechter gestellte Personen ausgegrenzt und so der Kreis der Mitglieder klein gehalten. Im Jahr 2024 wurden die Beträge angepasst und so gelten nunmehr folgende Höchstgrenzen: ▪▪ Mitgliedsbeiträge und Umlagen zusammen im Durchschnitt 1.440 Euro pro Jahr ▪▪ Aufnahmegebühren im Durchschnitt 2.200 Euro Die neuen Höchstgrenzen werden im Anwendungserlass zur Abgabenordnung noch aktualisiert, sie sind aber gemäß Mitteilung des Ministeriums für Finanzen Baden-Württemberg vom 21.03.2024 bereits gültig.8 Das FG Berlin-Brandenburg vertritt die Auffassung, dass eine Überschreitung der genannten Höchstgrenzen in bestimmten Fällen zulässig sein kann, etwa wenn dem Verein durch die angebotenen Leistungen hohe Kosten entstehen. Motorsport oder Fliegen erfordern einen erheblichen finanziellen Einsatz des Vereins und so müssen nach Ansicht des Gerichts immer die angebotenen Leistungen in Relation zu den geforderten Beiträgen betrachtet werden.9 Das Urteil ist jedoch nicht als Freibrief zur Überschreitung der genannten Beitragsgrenzen zu verstehen. Vielmehr sollte bei einer beabsichtigten Anhebung der Gebührensätze Rücksprache mit dem zuständigen Finanzamt gehalten werden. Insbesondere bedarf es hierzu einer schlüssigen Argumentation, in der die dem Verein entstehenden Kosten dargelegt werden und so eine Überschreitung der Höchstgrenzen gerechtfertigt werden kann. 8 FM Baden-Württemberg, Mitteilung vom 21.03.2024: https://fm.badenwuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/hoechstgrenze-fuer-mitgliedsbeitraege-wird-erhoeht#:~:text=Bisher%20galt%20für%20Mitgliedsbeiträge%20im,1.543%20Euro%20auf%20 2.200%20Euro. [Stand: 13.08.2024] 9 FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.10.2020, Az. 8 K 8260/16

Gemeinnützigkeitsrecht 18 www.WALHALLA.de 1 1.3.4 Unschädliche Eingrenzungen In der Vereinslandschaft herrscht überwiegend die Auffassung, dass ein gemeinnütziger Verein grundsätzlich niemandem die Aufnahme versagen darf. Es gibt diesbezüglich jedoch Möglichkeiten zur Gestaltung. Hat ein Verein beispielsweise zwei Tennisplätze und die Auslastung liegt bereits bei 100 Prozent, kann die Aufnahme weiterer Mitglieder mit der Begründung mangelnder Kapazitäten verweigert werden. Eine in der Praxis sinnvolle Satzungsregelung zur Aufnahme in den Verein könnte wie folgt ausgestaltet werden: Nach Ablauf einer Probezeit von einem Jahr entscheidet der Vorstand über die endgültige Aufnahme in den Verein. Eine Ablehnung muss nicht begründet werden. Mit dieser Regelung hat zunächst jedermann Zutritt in den Verein. Während der Probezeit kann der Verein die potenziellen Mitglieder kennenlernen (Gleiches gilt auch umgekehrt) und später über die Aufnahme befinden. 1.4 Selbstlosigkeit Gemeinnützige Körperschaften handeln selbstlos, wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen. Selbstloses Handeln impliziert somit eine gewisse Opferbereitschaft. Der Gesetzgeber hat die wesentlichen Parameter zur Selbstlosigkeit in § 55 AO geregelt. Demnach dürfen Mittel der Körperschaft nur für die in der Satzung festgeschriebenen Zwecke verwendet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Ausnahmen sind in § 58 AO definiert. Weiterhin dürfen nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO Mitglieder bei Ausscheiden oder Auflösung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert der Sacheinlagen zurückerhalten. Auf Vereine findet diese Regelung jedoch keine Anwendung, da die Mitglieder keine Anteile am Verein halten. Es handelt sich somit um Anteile, die Gesellschaftsrechte im Sinne des Handelsgesetzbuches begründen.

1.4 Selbstlosigkeit 19 www.WALHALLA.de 1 1.4.1 Vergütungen Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO darf der Verein keine Personen durch zweckfremde Ausgaben oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Zunächst sind Vergütungen für Vorstandsmitglieder nur bei entsprechender Satzungsregelung zulässig. Werden entsprechend der Satzung Vergütungen gezahlt, ist eine Mittelfehlverwendung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO im Rahmen eines Fremdvergleichs zu prüfen. „Unverhältnismäßig“ hat gemäß Anwendungserlass im Grunde dieselbe Bedeutung wie „unangemessen“ im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Zur Feststellung einer überhöhten Vergütung kann diese entweder mit den Entgelten verglichen werden, die andere im Verein beschäftigte Geschäftsführer oder Arbeitnehmer beziehen, oder mit Entgelten, die unter gleichen Bedingungen an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden. In diese Berechnung sind neben Gehältern, Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Versicherungsbeiträgen auch die Pkw-Nutzung und Pensionszusagen einzubeziehen.10 Es ist also zu prüfen, welche Vergütung als marktüblich angesehen werden kann. Insofern sollten Zahlungen an Vorstandsmitglieder nicht zu großzügig ausfallen. 1.4.2 Vermögensbindung Mit Blick auf das selbstlose Handeln einer steuerbegünstigten Körperschaft ist der Grundsatz der Vermögensbindung nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO i. V. m. § 61 Abs. 1 AO als Kernvorschrift zu verstehen. Die Regelung stellt sicher, dass in den Fällen der Auflösung oder dem Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke gemeinnützigkeitsrechtlich erworbenes Vermögen weiterhin in diesem Kreislauf verbleibt. Gefordert wird demnach, dass aus der Satzung eindeutig die Bindung des Vermögens für steuerbegünstigte Zwecke hervorgehen muss. Als Empfänger kommen in Betracht: ▪▪ inländische steuerbegünstigte Körperschaften ▪▪ die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften ▪▪ juristische Personen des öffentlichen Rechts 10 BFH, Urteil vom 12.03.2020, Az. V R 5/17

Gemeinnützigkeitsrecht 20 www.WALHALLA.de 1 Wird in der Satzung als Anfallsberechtigter eine in einem EU-/EWRStaat ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts bestimmt, gilt die satzungsgemäße Vermögensbindung als erfüllt. In der Praxis wird als Berechtigter im Fall des Vermögensanfalls regelmäßig eine Kommune oder ein anderer am Ort ansässiger steuerbegünstigter Verein aufgeführt. Wird zu einem späteren Zeitpunkt die Vermögensbindung in der Satzung aufgehoben, gilt sie gemäß AEAO zu § 61, Tz. 2 als von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend. Somit würde eine rückwirkende Steuerfestsetzung erfolgen. Hierbei bildet die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff. AO keine Grenze. Insofern können gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch Steuerbescheide geändert werden, die Steuern betreffen, die innerhalb von zehn Jahren vor der erstmaligen Verletzung der Vermögensbindungsregelung entstanden sind. Gleiches gilt in den Fällen, in denen die tatsächliche Geschäftsführung gegen die Grundsätze der Vermögensbindung verstößt. 1.5 Zeitnahe Mittelverwendung Zu den wichtigsten Vorschriften im Zusammenhang mit der Selbstlosigkeit gehört die Verpflichtung, sämtliche Mittel ausschließlich und zeitnah für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Der Begriff „Mittel“ ist weit gefasst. Mittel im Sinne des § 55 AO sind: ▪▪ Mitgliedsbeiträge ▪▪ Spenden ▪▪ Zuschüsse ▪▪ Überschüsse der Vermögensverwaltung ▪▪ Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ▪▪ Gewinne der Zweckbetriebe ▪▪ Vermögenswerte Zeitnahe Verwendung bedeutet, dass die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden müssen (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO). Diese Vorgabe gilt nicht für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von unter 45.000 Euro.

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