Ansprüche und Leistungen kennen und durchsetzen Ralf Hauner Rechte und soziale $EVLFKHUXQJ SʴHJHQGHU Angehöriger DNWXDOLVLHUWH $XʴDJH Mehr Leistungen ab 2024
Beratung und Entlastungsangebote einfordern 9LHOIDFK JHKHQ $QJHK¸ULJH EHL GHU 3ʴHJH DQ LKUH *UHQ]HQ XQG GDU¾EHU KLQDXV 2EZRKO HV ]ZLVFKHQ]HLWOLFK YLHOH XQWHUVW¾W]HQGH /HLVWXQJHQ JLEW ZHUGHQ GLHVH YRQ GHQ 3ʴHJHQGHQ RIW QLFKW ZDKUJHQRPPHQ 'LHVHU 5DWJHEHU JLEW HLQHQ NRPSDNWHQ EHUEOLFN ¾EHU ]XVWHKHQGH /HLVWXQJHQ XQG HUNO¦UW ZLH GLHVH DP EHVWHQ LQ $QVSUXFK JHQRPPHQ ZHUGHQ • $XVNXQIWVUHFKWH GDXHUKDIWH 3ʴHJHEHUDWXQJ NRVWHQORVH 3ʴHJHNXUVH • )LQDQ]LHOOH +LOIH LQ $NXWVLWXDWLRQHQ GXUFK 3ʴHJHXQWHUVW¾W]XQJVJHOG • $XV]HLW YRP %HUXI GXUFK )UHLVWHOOXQJ 3ʴHJH]HLW XQG )DPLOLHQSʴHJH]HLW • $XV]HLW YRQ GHU 3ʴHJH PLWKLOIH YRQ 9HUKLQGHUXQJV .XU]]HLWSʴHJH • $OOWDJVXQWHUVW¾W]XQJ GXUFK (QWODVWXQJVEHWUDJ • 6R]LDOH $EVLFKHUXQJ GXUFK 8QIDOO 5HQWHQ $UEHLWVORVHQYHUVLFKHUXQJ Ralf Hauner LVW .UDQNHQNDVVHQEHWULHEVZLUW 'R]HQW XQG )DFKDXWRU ZZZ :$/+$//$ GH ,6%1 ȵ >'@ :,66(1 )5 ',( 35$;,6 • 9(5671'/,&+ • $1:(1'81*625,(17,(57 • 0,7 35$;,6 7,336
| 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort....................................................................................... 7 Ansprüche von Pflegepersonen.............................................. 7 Abkürzungen........................................................................... 9 1. Rechtliche Grundlagen für die Ansprüche von Pflegepersonen....................................................................... 11 Häusliche Pflege als Grundlage der Pflegeversicherung ....... 12 Begriff der Pflegebedürftigkeit............................................... 14 Begriff der Pflegepersonen..................................................... 29 Pflegegeld als finanzielle Anerkennung................................. 31 2. Aufklärung, Auskunft............................................................. 37 Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftsansprüche in der Sozialversicherung ................................................................. 38 Pflegeberatung........................................................................ 42 Pflegekurse............................................................................. 47 3. Auszeit vom Beruf................................................................... 55 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ....................................... 56 Kurzfristige Arbeitsverhinderung, Pflegeunterstützungsgeld....................................................... 59 Pflegezeit ................................................................................ 77 Familienpflegezeit .................................................................. 85 Zinsloses Darlehen.................................................................. 89 4. Auszeit von der Pflege.......................................................... 95 Verhinderungspflege.............................................................. 96
6 | Kurzzeitpflege ........................................................................ 111 Entlastungsbetrag................................................................... 113 5. Soziale Sicherung.................................................................... 119 Soziale Sicherung durch Sozialversicherungsträger ............. 120 Gesetzliche Krankenversicherung ......................................... 120 Gesetzliche Unfallversicherung ............................................. 121 Gesetzliche Rentenversicherung. ........................................... 129 Arbeitslosenversicherung....................................................... 140 Stichwortverzeichnis............................................................. 143
Ansprüche von Pflegepersonen | 7 Ansprüche von Pflegepersonen Die Gründung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 erfolgte mit dem Ziel, das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern. Von Anfang an beinhaltete die Pflegeversicherung allerdings auch Schutzvorschriften für die Personen, die Pflegebedürftige ehrenamtlich pflegen, also die Pflegenden. Die hohe Bedeutung der Pflegenden in Deutschland wird daran deutlich, dass von ca. 4,9 Millionen pflegebedürftigen Menschen im Sinne der Pflegeversicherung rund 80 Prozent in häuslicher Umgebung gepflegt werden und davon der überwiegende Teil von ihren Angehörigen. Die Pflege von Menschen ist harte Arbeit. Eine entsprechende Vergütung gibt es für Familienangehörige und andere ehrenamtlich tätige Personen, wie z. B. Nachbarn oder Freunde, nicht oder nur in sehr geringem Maße. Deshalb ist es sachgerecht, dass der Gesetzgeber wenigstens für Versicherungsansprüche im Rahmen der Sozialversicherung sorgt. Daneben gibt es zwei Ergänzungsgesetze, nämlich das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz. Sozialversicherungsrechtlich erfolgen in verschiedenen Bereichen Absicherungen für Pflegende. Hierbei handelt es sich um die Bereiche Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Die Pflege ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die soziale Pflegeversicherung ist eine wichtige Säule bei der Schaffung bedarfsgerechter Angebote. Sie stellt als Teilleistungssystem eine Absicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen zur Verfügung, die Eigenleistungen der Versicherten jedoch nicht unentbehrlich machen. Die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ist eine der Hauptaufgaben der Regierung. Am 01.07.2023 ist das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) in Kraft getreten. Wesentliche Inhalte des Gesetzes sind die Staffelung der Beitragssätze zur Pflegeversicherung je nach Kinderzahl und Leistungsverbesserungen im Bereich der häuslichen und stationären Pflege ab dem 01.01.2024. Diese Änderungen wurden neu in das Buch integriert und ausführlich dargestellt.
8 | Vorwort Dabei gilt es, die Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen zu verbessern, sie vor wirtschaftlicher Überforderung zu schützen sowie die Beitragssatzstabilität abzusichern Aufgrund der Vielzahl von Ansprüchen von Pflegepersonen ist es für den Einzelnen schwierig, seine Ansprüche zu kennen und durchzusetzen. Dabei will dieses Buch Hilfestellung bieten. Es erläutert alle Leistungsansprüche pflegender Personen gegen die Pflegeversicherung, aber auch gegen die anderen Sozialversicherungsträger. Rechte und Ansprüche von Pflegepersonen werden im Einzelnen in den folgenden Kapiteln behandelt. Dazu zählen u. a.: ■■ Aufklärung, Pflegeberatung und Auskunft ■■ Pflegezeit ■■ kurzzeitige Arbeitsverhinderung und Pflegeunterstützungsgeld ■■ Familienpflegezeitgesetz ■■ Verhinderungs- und Kurzzeitpflege ■■ Entlastungsbeträge ■■ Leistungen der gesetzlichen Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung München, im Dezember 2023 Ralf Hauner
12 | Rechtliche Grundlagen für die Ansprüche von Pflegepersonen 1 Häusliche Pflege als Grundlage der Pflegeversicherung „Die Pflegeversicherung soll mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege und die Pflegebereitschaft der Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können.“ – so der Wortlaut von § 3 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Diese Vorschrift stellt eines der wesentlichen Ziele der Pflegeversicherung heraus: in besonderem Maße die häusliche Pflege zu unterstützen und zu fördern. In Satz 2 bestimmt § 3 SGB XI zudem den Vorrang der häuslichen Pflege und teilstationären Pflege sowie der Kurzzeitpflege gegenüber den Leistungen der vollstationären Pflege. Diese Leitgedanken des SGB XI zeigen auf, dass die Pflegeversicherung ein Teilkaskosystem ist, mit dem Hilfebedarfe bei Pflegebedürftigen mitfinanziert, aber niemals ganz abgedeckt werden. Der Staat verlässt sich vielmehr darauf, dass Angehörige oder sonstige Freiwillige/Ehrenamtliche die Pflege- und Betreuungsarbeit übernehmen (sog. Laienpflege). Derzeit werden in Deutschland 70 Prozent der Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld gepflegt. Dies zeigt den hohen Stellenwert der häuslichen Pflege und den großen Wunsch der Pflegebedürftigen, im häuslichen Umfeld verbleiben zu können. Der Vorrang der häuslichen Pflege führt nicht zu einer eingeschränkten Berücksichtigung der individuellen Pflegesituation bei der Leistung. Berechtigten Wünschen (vgl. § 2 Abs. 2 SGB XI, § 33 SGB I) des Pflegebedürftigen ist Rechnung zu tragen. Der Vorrang häuslicher Pflege hat dort seine Grenzen, wo bedingt durch die familiären oder sozialen Verhältnisse eine angemessene Versorgung und Betreuung im häuslichen Bereich nicht sichergestellt ist. Wird festgestellt, dass die häusliche Pflege nicht in geeigneter Weise durchgeführt werden kann, so ist darauf hinzuwirken, dass diese zweckentsprechend erfolgt. Aus dem Vorrang der häuslichen Pflege folgt, dass auch teilstationäre Leistungen und Kurzzeitpflege gegenüber den Leistungen bei nicht nur vorübergehender vollstationärer Pflege vorrangig sind. Diese Leis-
Häusliche Pflege als Grundlage der Pflegeversicherung | 13 1 tungen ergänzen oder ersetzen die häusliche Pflege. Sie stellen sicher, dass die enge Beziehung des Pflegebedürftigen zu seiner Familie und seinem Wohnbereich aufrechterhalten bleibt. Art und Umfang der Leistungen Die Leistungen der Pflegeversicherung werden als Dienst-, Sach- oder Geldleistungen sowie als Kostenerstattung erbracht. Sie sollen dazu beitragen, den Bedarf des Pflegebedürftigen an körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie an Hilfen bei der Haushaltsführung zu decken. Zu den körperbezogenen Pflegemaßnahmen gehören die notwendigen pflegerischen nichtmedizinischen Hilfe- und Unterstützungsleistungen in den in § 14 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 SGB XI aufgeführten Bereichen sowie die Anleitung der Ausführung dieser Aktivitäten oder die Anleitung zur Selbstvornahme. Ziel der Hilfe ist die Beseitigung und Minderung der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten oder die Vermeidung der Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder Gefährdungen (Selbst- oder Fremdgefährdung), bei der Orientierung, bei der Tagesstruktur, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, bei der bedürfnisgerechten Beschäftigung im Alltag sowie Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung. Sie dienen auch der alltäglichen Freizeitgestaltung. Die pflegerischen Betreuungsmaßnahmen können auch durch Anwesenheit einer geeigneten Pflegekraft, die jeweils bei Bedarf situationsgerecht Unterstützung leistet, erbracht werden. Die Behandlungspflege bei häuslicher Pflege (z. B. medizinische Hilfeleistungen wie Verbandswechsel, Medikamentengabe) stellt keine Leistung der Pflegeversicherung dar; sie wird weiterhin durch die gesetzliche Krankenversicherung erbracht. Die Behandlungspflege in teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie in Kurzzeitpflegeeinrichtungen ist Bestandteil der Leistungen der Pflegeversicherung.
14 | Rechtliche Grundlagen für die Ansprüche von Pflegepersonen 1 Soweit sich Pflegebedürftige in teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie in Kurzzeitpflegeeinrichtungen befinden, umfasst das Leistungsspektrum auch die Betreuung. Begriff der Pflegebedürftigkeit Pflegebedürftig i. S. d. SGB XI sind Personen, die aufgrund von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten nach Maßgabe der im Gesetz abschließend definierten Kriterien in den sechs Bereichen des § 14 Abs. 2 SGB XI der Hilfe anderer bedürfen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Der Hilfebedarf muss auf den in den Kriterien beschriebenen, gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten beruhen; andere Ursachen für einen Hilfebedarf bleiben außer Betracht. Die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten werden personenbezogen und unabhängig vom jeweiligen (Wohn-)Umfeld ermittelt. Dabei sind nur solche Personen pflegebedürftig, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen sowie gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten und der Hilfebedarf durch andere müssen zumindest in der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere und auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, bestehen. Liegt der erforderliche Hilfebedarf nur kurzzeitig oder unterhalb der Schwelle der geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten bzw. bei Kindern im Alter bis 18 Monaten nach § 15 Abs. 7 Nr. 1 SGB XI vor, ist dieser nicht von der Solidargemeinschaft der Pflegeversicherten zu finanzieren. Für diesen Hilfebedarf kann und soll der Einzelne – entsprechend dem Grundsatz der Subsidiarität solidarischer Hilfen gegenüber der Eigenverantwortung – selbst einstehen. Dauer der Pflegebedürftigkeit Der Leistungsanspruch nach dem SGB XI setzt eine auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, bestehende Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten des Antragstellers mit da-
24 | Rechtliche Grundlagen für die Ansprüche von Pflegepersonen 1 Module Schweregrad der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten keine geringe erhebliche schwere schwerste 0 1 2 3 4 Mobilität (10 Prozent) Summe der Punkte Modul 1 0–1 2–3 4–5 6–9 10–15 Gewichtete Punkte Modul 1 0 2,5 5 7,5 10 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Summe der Punkte Modul 2 0–1 2–5 6–10 11–16 17–33 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Summe der Punkte Modul 3 0 1–2 3–4 5–6 7–65 Höchster Wert aus Modul 2 oder 3 (15 Prozent) 0 3,75 7,5 11,25 15 Selbstversorgung (40 Prozent) Summe der Punkte Modul 4 0–2 3–7 8–18 19–36 37–54 Gewichtete Punkte Modul 4 0 10 20 30 40
Begriff der Pflegebedürftigkeit | 25 1 Module Schweregrad der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten keine geringe erhebliche schwere schwerste 0 1 2 3 4 Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen (20 Prozent) Summe der Punkte Modul 5 0 1 2–3 4–5 6–15 Gewichtete Punkte Modul 5 0 5 10 15 20 Aus der Zusammenführung aller gewichteten modulspezifischen Punkte ergibt sich der Gesamtpunktwert, der das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit bestimmt und auf dessen Grundlage sich der Pflegegrad ableitet. Eine Besonderheit besteht darin, dass nicht beide Werte der Module 2 und 3, sondern nur der höchste der beiden Werte in die Berechnung eingeht. Auf der Basis der ermittelten Gesamtpunktzahl ist der Antragsteller in einen der Pflegegrade einzuordnen. Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn der Gesamtpunktwert mindestens 12,5 Punkte beträgt. Der Grad der Pflegebedürftigkeit bestimmt sich wie folgt: ■■ Pflegegrad 1: ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte ■■ Pflegegrad 2: ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte ■■ Pflegegrad 3: ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte ■■ Pflegegrad 4: ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkte ■■ Pflegegrad 5: ab 90 bis 100 Gesamtpunkte Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen aufgrund der Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und Beine werden unabhängig vom Erreichen des Schwellenwertes von 90 Punkten dem Pflegegrad 5 zugeordnet. Wichtig: Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge
RkJQdWJsaXNoZXIy MTM5MDIz