Vorsitz im Personalrat Marcus Schwarzbach Führung, Delegation, Motivation – Besondere Herausforderungen meistern
Kompetenz für Vorsitzende, stellvertretende Vorsitzende und Freigestellte Personalratsvorsitzende sowie deren Stellvertreter erwartet ein breites Spektrum an Aufgaben. Um diese Herausforderungen meistern zu können, sind kluges Agieren und die Anwendung verschiedener Soft Skills – also sozialer und kommunikativer Kompetenzen – gefragt. Diese Arbeitshilfe vermittelt dazu – mit vielen Beispielen und Checklisten – wirksame Instrumente und Methoden: • Führungskompetenz: Einbeziehen und Fördern aller Mitglieder • Leiten von Sitzungen und Versammlungen: Herausforderung für den Vorsitzenden • Zusammenarbeit im Betriebs- und Personalrat als Team • Delegieren und Arbeitsteilung in der Praxis • 9HUKDQGOXQJHQ JXW XQG HIʳ]LHQW I¾KUHQ • .RQʴLNWPDQDJHPHQW DOV $XIJDEH GHV 9RUVLW]HQGHQ • Begleiten und Gestalten von Veränderungsprozessen • Selbstcoaching: Stärken und Schwächen erkennen Marcus Schwarzbach, Berater in Mitbestimmungsfragen, erfahrener Referent für Personal- und Betriebsräte, erfolgreicher Fachautor. ISBN 978-3-8029-1012-8 € 22,95 [D] • AKTUELL • PRAXISGERECHT • VERSTÄNDLICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS www.WALHALLA.de
Schnellübersicht 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Vorwort 7 Die Aufgaben des Vorsitzenden 11 Führungskompetenz im Personalrat 17 Sitzungsleitung: Herausforderung für den Vorsitzenden 27 Zusammenarbeit im Personalrat als Team 43 Delegieren 57 Agieren statt Reagieren: Arbeitsteilung in der Praxis 71 Einbezug der Belegschaft 89 Verhandlungen führen 95 Beratungsgespräche mit Beschäftigten 105 Konfliktmanagement als Aufgabe des Vorsitzenden 113 Changemanagement: Veränderungen in der Verwaltung 127
14 13 12 Selbstcoaching: Stärken und Schwächen erkennen 137 Literaturverzeichnis 147 Stichwortverzeichnis 149
Die besondere Rolle des Vorsitzenden 7 www.WALHALLA.de Die besondere Rolle des Vorsitzenden Die Arbeitswelt verändert sich radikal. Tätigkeiten verändern sich, neue Managementstrategien und Digitalisierung spielen eine große Rolle. Die Anforderungen an die Arbeit von Personalräten steigen daher zunehmend. Sie müssen eine Reihe von Entscheidungen treffen, die nicht selten eine enorme Tragweite haben. Insbesondere der Personalratsvorsitzende ist dabei gefordert. Er sollte über besondere Kompetenzen verfügen, denn einerseits ist das Gremium aufgrund der Beschlüsse zu vertreten, andererseits hat der Vorsitzende dem Dienstherrn gegenüber überzeugend aufzutreten. Interne Konflikte machen auch vor dem Personalratsgremium keinen Halt. Führungskompetenzen im klassischen Sinne helfen dem Vorsitzenden nicht weiter, da kein Weisungsrecht gegenüber den einzelnen Mitgliedern des Gremiums besteht. Ähnlich wie bei der Personalführung sind folgende Kompetenzen auch für den Vorsitzenden bedeutsam: ▪▪ Planung Ziele sind festzulegen und Pläne zur Verwirklichung der Ziele sind zu entwickeln. ▪▪ Organisation Ressourcen müssen eingeschätzt und die Arbeitsverteilung geplant werden. ▪▪ Delegation Aufgaben sind zu delegieren. ▪▪ Kontrolle Ein wichtiger Bereich ist die Kontrolle, ob die Ziele auch erreicht werden. ▪▪ Motivation Die Motivation der Mitarbeiter ist eine wichtige Aufgabe einer Führungskraft. Diese wichtigen Elemente werden in diesem Band detailliert dargestellt. Erfolgreiche Vorsitzende zeichnen sich durch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, Gerechtigkeitsempfinden und Teamfähigkeit aus. Gemeint sind damit die Fähigkeiten, in Konfliktsituationen Lösungen finden zu können oder motivierend auf andere Personalratsmitglieder wirken zu können. Die Leitung der
Vorwort 8 www.WALHALLA.de Sitzung, das Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen sowie Verhandlungen mit der Dienststellenleitung erfordern besondere Fähigkeiten, die ein Vorsitzender jeden Tag aufs Neue beweisen muss. Die Arbeit im Team – die gemeinsame Problemlösung im Gremium– gehört zu den elementaren Fähigkeiten des Vorsitzenden. Konflikte können dabei nicht ausbleiben und müssen innerhalb des Personalrats ebenso wie gegenüber der Dienststellenleitung angegangen werden. Die Rolle des Personalrats gegenüber den Beschäftigten kann es dabei auch sein, Motivation zu wecken, sich für die eigenen Ziele einzusetzen und dem Arbeitgeber gegenüber klarzumachen, dass die vom Personalrat vorgetragenen Vorstellungen auch denen der Belegschaft entsprechen. Die Belegschaftsstrukturen spiegeln sich häufig auch in der Zusammensetzung des Personalrats wider und stellen erhöhte Anforderungen an die Zusammenarbeit im Gremium, die ein Zusammenwachsen als Team erschweren kann. Auch hat das Verhältnis Mitarbeitendenvertretung, Geschäftsleitung und Belegschaft meist eine Geschichte. Umstrukturierungen, die Einführung neuer Technik oder die Ausgliederung von Arbeit bestimmen oftmals den Arbeitsalltag und wirken häufig nicht nur in den Empfindungen der Beschäftigten noch Jahre nach. Wichtig für neugewählte und wiedergewählte Personalratsvorsitzende ist die Klärung des eigenen Rollenverständnisses: ▪▪ Welche Ziele hat der Personalrat und wie werden die Interessen verfolgt? ▪▪ Was soll in den nächsten Jahren erreicht werden? Eine Kollektivvertretung zeichnet sich nicht nur durch die Zusammenfassung aller einzelnen Interessen aus, sondern muss übergreifend agieren und kann durchaus Positionen vertreten, die dem Wunsch einzelner Mitarbeiter auf den ersten Blick widersprechen und diesen gegenüber umfassend erläutert werden müssen. Der Personalratsvorsitzende ist deshalb besonders gefordert. Dies kann beispielsweise beim leidigen Thema Überstunden der Fall sein. Wenn eine Gruppe von Mitarbeitern den Antrag des Arbeitgebers auf Überstunden befürwortet, kann der Personalrat diesen trotzdem ablehnen, wenn so die Chance besteht, die Übernahme Auszubildender oder befristet eingestellter Arbeitnehmer durchzusetzen.
Die besondere Rolle des Vorsitzenden 9 www.WALHALLA.de In der Praxis kann dies auch bedeuten, dass ein Mitarbeiter wütend auf den Personalrat ist und die Arbeit des Gremiums unsachlich kritisiert. Einige Wochen später kann dieser Mitarbeiter dann mit einem Problem – etwa einer Abmahnung oder einer schlechten Beurteilung – auf den Personalrat zugehen. Der Vorsitzende muss dann persönliche Befindlichkeiten zurückstellen und sachlich nach einer Lösung des Mitarbeiterproblems suchen können. Die in diesem Band geschilderten Tipps für Vorsitzende sind auch bedeutsam für stellvertretende Vorsitzende oder freigestellte Personalratsmitglieder. Die einzelnen Kapitel sind so aufgebaut, dass sie auch als „Modul“ einzeln lesbar sind. Meine Erfahrungen als Referent in Seminaren oder als Sachverständiger für Personal- bzw. Betriebsräte fließen in dieses Buch ein. Für Fragen, Anregungen oder Kritik bin ich dankbar. Zu erreichen bin ich per E-Mail unter: br-beratung-schwarzbach@ web.de. Marcus Schwarzbach
Die Aufgaben des Vorsitzenden 12 www.WALHALLA.de 1 1. Wahl des Vorsitzenden Jeder Personalrat, der mindestens aus drei Mitgliedern besteht, muss aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden wählen. Es ist jedoch nicht automatisch Vorsitzender, wer bei der Personalratswahl die meisten Stimmen erhalten hat. Die Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden kann nicht auf einen anderen Ausschuss übertragen werden. Die Wahl erfolgt in der konstituierenden Sitzung des Personalrats. 2. B eschlüsse als Grundlage des Handelns des Gremiums Der Personalrat handelt als Kollegialorgan. Das bedeutet in der Praxis: Seine Entscheidungen müssen durch Beschlüsse getroffen werden. Der Vorsitzende vertritt den Personalrat nur im Rahmen der gefassten Beschlüsse. Er hat die „Sprachrohrfunktion“ des Gremiums inne und gibt Erklärungen dem Arbeitgeber oder der Dienststelle gegenüber ab, indem er mitteilt, was der Personalrat beschlossen hat. Dies kann beispielsweise die Zustimmung zu einer Einstellung ein. Auch ist er befugt, Erklärungen, die dem Personalrat gegenüber abzugeben sind, entgegenzunehmen. Dies bedeutet, dass jede Erklärung, die gegenüber dem Vorsitzenden – im Falle seiner Verhinderung seinem Stellvertreter – mündlich oder schriftlich abgegeben wurde, damit zugleich dem Gremium zugegangen ist. Diese Funktion des Personalratsvorsitzenden wird als „Briefkastenfunktion“ bezeichnet. Mit dem Zugang der Erklärung beim Vorsitzenden beginnen gesetzlich festgelegte Fristen zu laufen. Wird eine abzugebende Erklärung nicht dem Vorsitzenden, sondern einem anderen Mitglied gegenüber abgegeben, wird dieses als Bote tätig. Sie wird erst wirksam, wenn sie dem Vorsitzenden oder dem Gremium als Ganzes zur Kenntnis gelangt. Der Personalrat kann in bestimmten Angelegenheiten andere Mitglieder als zuständig für die Entgegennahme von Erklärungen bestimmen, etwa bei der Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung auf Ausschüsse. Der Vorsitzende ist nicht verpflichtet, Erklärungen außerhalb der Arbeitszeit und außer-
3. Sitzungen organisieren 13 www.WALHALLA.de 1 halb der Betriebsräume entgegenzunehmen; tut er dies doch, gilt die Erklärung als zugegangen. Neben der Briefkasten- und der Sprachrohrfunktion kann der Vorsitzende wenige gesetzliche Aufgaben eigenständig – also ohne vorherigen Beschluss des Gremiums – wahrnehmen, etwa die Einberufung der Personalratssitzungen oder die Festlegung der Tagesordnung für diese Sitzungen. Überschreitet der Vorsitzende seine Vertretungsbefugnis, indem er etwa ohne Beschlussfassung eine Dienstvereinbarung unterzeichnet, ist diese für das Gremium nicht bindend. Diese Vereinbarung wäre dann unwirksam. Wichtig sind dabei aus Sicht des Vorsitzenden die weiteren Mitglieder des Gremiums. Die Tätigkeit der weiteren Mitglieder des Personalrats beschränkt sich nicht nur darauf, an Sitzungen lediglich teilzunehmen. Vielmehr ist es für eine effektive Arbeit des Personalrats unverzichtbar, die Arbeitsteilung so zu organisieren, dass möglichst alle Mitglieder einbezogen werden und Aufgaben übernehmen. 3. Sitzungen organisieren Der Personalratsvorsitzende – im Verhinderungsfall der stellvertretende Vorsitzende – beruft die Sitzungen ein und leitet sie. Im Vorfeld sind organisatorische Fragen zu klären: ▪▪ Ist die Atmosphäre des Raums besprechungsfreundlich? ▪▪ Verfügt der Raum über ausreichend Tageslicht? Ist künstliche Beleuchtung ausreichend? Neonlicht unter der Decke trägt ebenso wenig zum Wohlfühlen der Sitzungsteilnehmer bei wie ein dunkles Hinterzimmer. ▪▪ Hat der Raum eine angemessene Größe für die Sitzung? Ist auch ausreichend Platz etwa für Flipchart oder Beamer vorhanden? ▪▪ Gibt es genügend Tische und Stühle? ▪▪ Ist die Anordnung der Tische und Stühle zur gemeinsamen Beratung geeignet? Können sich die Teilnehmer sehen und miteinander in Blickkontakt treten? ▪▪ Werden zusätzliche Räume für Gruppenarbeit benötigt?
Die Aufgaben des Vorsitzenden 14 www.WALHALLA.de 1 Praxis-Tipp: Regelmäßige Sitzungstage – lieber kürzere statt weniger Sitzungen Anzahl und Dauer der Sitzungen des Personalrats richten sich nach dem Arbeitsanfall und werden allein durch den Personalrat entschieden. Eine Sitzung pro Woche sollte grundsätzlich auch in kleineren Dienststellen eingeplant werden. Sollte es weniger Themen zu besprechen geben, sollten kürzere statt weniger Sitzungen durchgeführt werden. Ein Tag pro Woche sollte als fester Sitzungstag reserviert werden. Diese Vorgehensweise erleichtert allen Gremiumsmitgliedern die Planung, weil eine regelmäßige Abwesenheit leichter akzeptiert wird als eine unregelmäßige. Auch die Führungskraft hat so Planungssicherheit. Eine „stille Stunde“ zu Beginn des Sitzungstags bietet allen die Möglichkeit, sich auf die Tagesordnungspunkte besser vorzubereiten – oder Gespräche zu führen, die sonst häufig zu kurz kommen. Die Lesestunde spart Zeit in den Sitzungen, weil sich alle einlesen konnten und die Themen im Kopf haben. Von der Sache her wird es mit diesem Zeitpuffer leichter möglich, schnell und gut zu reagieren, wenn Fristen das erfordern. Die Tagesordnung ist durch den Vorsitzenden rechtzeitig an die einzuladenden Personen zu übermitteln. Die Dienststellenleitung erhält eine Mitteilung über die Tagesordnung nur dann, wenn sie zu der Personalratssitzung eingeladen worden ist. Allerdings wird ihr dann nicht die gesamte Tagesordnung zugestellt, sondern nur das Thema mitgeteilt, zu dem sie teilnehmen soll. Die Tagesordnung muss die Teilnehmer in die Lage versetzen, sich ordnungsgemäß auf die Personalratssitzung vorzubereiten. Das bedeutet: Die Tagesordnung muss aussagekräftig sein. Dies ist nur der Fall, wenn die zu behandelnde Angelegenheit konkret bezeichnet wird. Ein Beispiel verdeutlicht die besonderen Anforderungen an den Vorsitzenden:
4. Informationsmanagement 15 www.WALHALLA.de 1 Beispiel: Die Beratung über eine Kündigung darf nicht unter dem Tagesordnungspunkt „Personelles“ abgehandelt werden. Aussagekräftig ist bei diesem Beispiel dagegen der Tagesordnungspunkt: „Beabsichtigte Kündigung von Herrn Franz Meier, Sachbearbeitung Kfz-Zulassung, zum XX.XX.XXXX Beratung und Beschlussfassung“ 4. Informationsmanagement Eine wichtige Aufgabe des Vorsitzenden ist das Informationsmanagement. Damit alle Personalratsmitglieder über wichtige Angelegenheiten informiert sind, müssen die Informationen auch ankommen. Einige Fragen können den Informationsaustausch erleichtern: ▪▪ Gibt es ein Verteilersystem? ▪▪ Wer erhält welche Informationen? ▪▪ Werden über Gespräche mit der Dienststellenleitung Protokolle geführt? ▪▪ Gibt es in den Sitzungen mündliche Berichte? ▪▪ Wie oft? Zu welchen Themen? ▪▪ Welche Informationen werden wo aufbewahrt (z. B. Dienstvereinbarungen, Protokolle, Schriftwechsel)? Wie lange? ▪▪ Wie werden regelmäßige Informationen gesammelt (z. B. Fachzeitschriften, Newsletter)? ▪▪ Gibt es Regelungen, wie wichtige und eilige Informationen weitergeleitet werden? Bei mehreren Freigestellten sind tägliche Kurzbesprechungen sinnvoll, in anderen Fällen müssen zumindest schriftliche Informationen regelmäßig weitergegeben werden, um für den Sitzungstag einen vergleichbaren Informationsstand der Mitglieder sicher zu stellen. Informationsmanagement besteht aus folgenden Elementen:
Selbstcoaching 138 www.WALHALLA.de 12 1. Standortbestimmung Stressige Situationen, das Gefühl etwas zu vergessen und zwischen den Stühlen zu sitzen, sind für viele Vorsitzende Alltag. Die Anforderungen an den Personalrat wachsen. Verwaltungsmodernisierung, der gesellschaftliche, technologische und demografische Wandel macht auch vor diesem Gremium nicht Halt und stellt es vor große Herausforderungen. Sich konkrete Ziele zu setzen, um die Interessen der Beschäftigten wahrnehmen zu können, kann bei der Fülle von „theoretischen“ Aufgaben helfen, eine erfolgreiche Gremienarbeit zu machen. Dabei können Elemente des Coachings helfen, vor allem Selbstcoaching. Durch Coaching können eigene Schwächen und Stärken erkannt werden. Dem Vorsitzenden kann Coaching helfen, Möglichkeiten der Delegation zu entwickeln und gemeinsam mit dem gesamten Gremium Ziele zu entwickeln. Während beim Coaching ein externer Berater, ein unabhängiger Coach, unterstützen sollte, kann sich beim Selbstcoaching der Vorsitzende anhand von Fragen über die eigenen Aufgaben und Ziele Gedanken machen, um den eigenen Arbeitsstil zu hinterfragen. Die Arbeit einer Interessenvertretung ist von Hochs und Tiefs geprägt. Einmal feiert der Personalrat Erfolge, ein anderes Mal werden Ziele weit verfehlt. Zunächst ist deshalb eine Standortbestimmung wichtig. Dazu gehört ein Blick zurück auf die bisherigen Erfolge: Der erste Rückblick kann mit einer „Fantasiereise“ beginnen: ▪▪ „Wenn ich 80 Jahre alt bin und auf meine Zeit als Vorsitzender zurückblicke, was sind aus dieser Sichtweise meine persönlichen Erfolge? Worauf bin ich stolz?“ ▪▪ Die Fragenden sollen sich so bewusstwerden, welche Erfolge ihnen wichtig sind und welche Bereiche der Arbeit im Betriebs- oder Personalrat für Zufriedenheit sorgen. Im nächsten Schritt sollten Sie als Vorsitzender überlegen, was Sie bisher aus Krisen und Niederlagen gelernt haben: ▪▪ Welche Krisen und Niederlagen habe ich gemeistert und durchgestanden? ▪▪ Was habe ich daraus gelernt?
2. Ziele entwickeln 139 www.WALHALLA.de 12 Danach machen Sie sich bewusst, welche Ihrer persönlichen Stärken Ihnen geholfen hat: ▪▪ Welche Stärken habe ich? ▪▪ Was trägt zu meinen Erfolgen bei? ▪▪ Ohne Bescheidenheit: Schildern Sie Ihre Erfolgsbilanz! Ziel dieses Rückblicks ist es, die eigenen Motivationsquellen zu erkennen: ▪▪ Wo sind meine Motivationsquellen? ▪▪ Was ist für mich eher Motivationsräuber? Was raubt mir Kraft? ▪▪ Gibt es Aufgaben, die mich allein überfordern, bei denen ich die Unterstützung des Gremiums benötige? (Hinweis: Diese Aufgaben können dann auch zum Delegieren geeignet sein.) ▪▪ Welche Einstellungen habe ich zu meiner Aufgabe im Personalrat? Der Rückblick ist wichtig, um über erreichte Erfolge nachzudenken. Diese „ruhigen Minuten“ sollte sich der Vorsitzende regelmäßig nehmen. Denn häufig kann sich ein Gremium nicht über Erfolge freuen, da schon wieder das nächste Thema ansteht. 2. Ziele entwickeln An die Standortbestimmung sollte die Entwicklung der Ziele anknüpfen: ▪▪ Welche Themen will der Personalrat inhaltlich besetzen? ▪▪ Welche Themen kommen auf die Belegschaft zu? ▪▪ Welche Dauerthemen schiebt das Gremium vor sich her? Oft gibt es Themen, die den Personalrat schon seit Längerem beschäftigen. Dies kann die Missachtung der Informationspflichten durch den Arbeitgeber oder die Ableistung von Überstunden ohne Zustimmung des Gremiums sein. Solche Dauerprobleme belasten, oft in erster Linie den Vorsitzenden, da keine Lösung in Sicht scheint. Je präziser ein Ziel formuliert ist, umso besser eignet es sich als Orientierungsmarke: ▪▪ Kann ich mein Ziel kurz und treffend beschreiben, ohne dass ich mehr als einen Satz benötige?
Selbstcoaching 140 www.WALHALLA.de 12 ▪▪ Kann ein interessierter Dritter verstehen, was ich damit meine? ▪▪ Bin ich begeistert von der Vorstellung dieses Ziel zu erreichen? Nicht immer können Ziele des Personalrats in so knappen Worten formuliert werden. Einzelne Schritte können helfen, die Ziele zu erreichen. Das Ziel sollte dann schriftlich festgehalten werden: ▪▪ Ziele positiv formulieren! ▪▪ Die Realitätstauglichkeit prüfen: Ist das Ziel erreichbar? Oder ist es zu hoch angesetzt? ▪▪ Welche Zwischenziele sind möglich? Gibt es kurz-, mittel-, langfristige Ziele? Der Rückblick und die Fragen zur Zielsetzung können auch zur Vorbereitung auf die Klausurtagung des Personalrats dienen. Beispiel: Überstunden ohne Zustimmung des Personalrats Seit Längerem wurden Überstunden ohne Zustimmung des Personalrats geleistet. Nachdem dieses Thema immer wieder in den Personalratssitzungen angesprochen wurde, nahm der Vorsitzende sich der Sache an. Das Gremium sollte entscheiden ▪▪ Wollen wir etwas ändern? ▪▪ Was wollen wir erreichen? ▪▪ Wie wollen wir es erreichen? Nach längerer Diskussion war sich der Personalrat einig, dass Handlungsbedarf besteht. Für die nächste Sitzung prüften zwei benannte Personalratsmitglieder die rechtlichen Rahmenbedingungen, auch – und insbesondere – bestehende Tarifverträge und Dienstvereinbarungen. In der nächsten Sitzung wurde dann beschlossen, die Dienststellenleitung aufzufordern, die Mitbestimmungsrechte zu wahren und zukünftig ist die Zustimmung des Personalrats vor Ableistung der Überstunden einzuholen. Zwei Personalratsmitglieder überprüften anhand der Arbeitszeitenlisten, ob die Rechte des Personalrats gewahrt wurden. Nach jedem Verstoß wurde der Arbeitgeber darauf hingewiesen und beim dritten Verstoß die rechtlichen Folgen benannt. In einem Monatsgespräch wurde die Dimension des Gesetzesverstoßes verdeutlicht, so dass eine
3. Zeitmanagement 141 www.WALHALLA.de 12 Ableistung der Überstunden ohne Zustimmung des Personalrats unterblieb. Gleichzeitig wurden auch die Beschäftigten über die Vorgehensweise des Personalrats informiert. Das entschlossene Auftreten des Personalrats, verdeutlichte der Dienststellenleitung den Handlungsbedarf; diese ging das Problem dann konsequent an und sorgte für Abhilfe. Um ein Ziel zu erreichen, sind verschiedene Erfolgsfaktoren von Bedeutung. Fragen für ein Erfolgsrezept können sein: Fragen für ein Erfolgskonzept ▪▪ Überlasse ich Dinge, die ich erreichen möchte, dem Zufall? ▪▪ Gibt es Dinge, die mir helfen würden, motiviert zu bleiben? ▪▪ Welche mentalen Faktoren bringen mich zu Bestleistungen, wenn ich an einem Thema arbeite? Mentale Faktoren aus Sicht des Vorsitzenden können sein: Teamarbeit, positive Rückmeldungen zu erledigten Aufgaben aus dem Personalratsgremium ▪▪ Welche Störfaktoren bringen mich aus dem Konzept? ▪▪ Was hilft mir, wenn ich unter Zeitdruck stehe und Termine einhalten muss? 3. Zeitmanagement Neben einer Verteilung der Arbeit innerhalb des Personalrats spielt beim Gefühl vieler Vorsitzender, „nicht fertig zu werden“, auch fehlendes Zeitmanagement eine Rolle. Manche Vorsitzende bereiten sich die Probleme selbst: ▪▪ Unentschlossenheit – Entscheidungen vor sich herschieben. Eine Faustregel sollte lauten: Wenn es keinen guten Grund gibt, etwas aufzuschieben, sollte man es entweder sofort tun oder festlegen, wann es getan wird. ▪▪ nicht „Nein“ sagen können Nicht jede Aufgabe muss der Vorsitzende übernehmen. Wer nicht „Nein“ sagen kann, erkennt das spätestens daran, dass er öfter bereut, „Ja“ gesagt zu haben.
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